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News: Spiegelnde Kraterseen?

Der größte Mond des Saturns, Titan, ist neben der Erde der einzige Himmelskörper im Sonnensystem mit einer dichten Stickstoff-Atmosphäre. Der Grund dafür ist unbekannt, denn Dunst und Methanwolken verschleiern sein Antlitz. Doch Radio- und Mikrowellen vermögen den Nebel zu durchdringen.
Titan ist der zweitgrößte Mond in unserem Sonnensystem und der größte des Gasriesen Saturn. Bereits 1655 hatte ihn der niederländische Astronom Christiaan Huygens entdeckt. Doch bis heute hat der Himmelskörper seine Oberfläche weitgehend hinter einer dichten Stickstoff-Atmosphäre mit Dunstschwaden und Methanwolken vor neugierigen Blicken von der Erde versteckt. Denn im sichtbaren Wellenlängenbereich dringt kaum ein Lichtstrahl von seiner Oberfläche zu uns. Ganz anders im Bereich von Radio- und Mikrowellen. Dieser Teil des elektromagnetischen Spektrums kann sehr wohl die dichte Atmosphäre passieren und uns einiges über die dahinter verborgene Welt verraten.

Aufgrund des großen Anteils von Methan in der Atmosphäre von sechs Prozent und weiterer Spuren von Kohlenwasserstoffen hatten Astronomen zunächst vermutet, dass auf Titan ein riesiger Ozean aus Kohlenwasserstoffen vorhanden ist, doch erste Radaraufnahmen deuteten lediglich auf eine – wenn auch sehr dreckige – Wassereis-Bedeckung hin. Infrarotbilder wiesen außerdem auf eine eher zerklüftete Oberfläche mit einem Bereich sehr großen Rückstrahlvermögens hin. Doch wie sieht Titans Oberfläche nun wirklich aus?

Prinzipiell gute Voraussetzungen, zumindest ein paar Antworten auf diese Fragen zu liefern, bietet das 304-Meter-Arecibo-Teleskop im Nordwesten Puerto Ricos. Doch die riesige Schüssel des größten Radioteleskops der Welt ist fest in einem Talkessel installiert; nur die Sende- und Empfangs-Einheit, die von Stahlseilen gehalten über der Wölbung schwebt, lässt sich bewegen und ermöglicht so auch Strahlengänge, die um bis zu 20 Grad aus dem Zenit heraus gekippt sind. Das ist nicht viel Spielraum für die Beobachtung, und so muss sich das zu untersuchende Objekt schon möglichst genau über dem Teleskop befinden.

Im November/Dezember 2001 sowie zu gleicher Zeit im darauf folgenden Jahr nutzten Donald Campbell von der Cornell University und seine Kollegen die Gunst der Stunde: Titan befand sich genau im Blickfeld des Radioteleskops, und so strahlten die Forscher den fernen Mond mit einem mehrere hundert Kilowatt starken Mikrowellenstrahl im 13-Zentimeter-Bereich an. Gute zwei Stunden später konnten sie das schwach reflektierte Signal des Satelliten messen. Dabei nutzen sie zum Empfang auch das 100-Meter-Green-Bank-Teleskop in West Virginia, da sie so trotz Erdrotation mehr Daten sammeln konnten.

Tatsächlich passte die Radar-Albedo – das Rückstrahlvermögen – sehr gut zu den zuvor entstandenen Infrarotaufnahmen des Planeten: Ein weitgehend diffuses Streulicht erreichte die Radarschüsseln und deutet auf eine unebene feste Struktur hin. Auch die helle Region im Infraroten war in den Radiowellen wieder zu finden. Doch wie Ralph Lorenz von der University of Arizona in Tucson schreibt, ist längst nicht klar, was "hell" und "dunkel" für die Zusammensetzung Titans bedeuten. Zumindest spricht einiges dafür, dass sich die Oberfläche des Saturnmondes deutlich von der sauberen Eisoberfläche manches Jupitermondes unterscheidet. Denn diese erscheinen rund 15-mal heller im Radarbild. Eventuell befänden sich Stickstoffverbindungen wie Ammoniak im Eis, denn diese blocken Radiowellenlängen wirkungsvoll. Auch beim Saturnmond Iapetus scheint es so zu sein.

Wie dem auch sei, ein kleiner Teil der Mikrowellenstrahlung wird jedenfalls auch spiegelnd zurückgeworfen – von Flecken, die etwa 50 bis 150 Kilometer groß sind. Das zeigt die Polarisation der eintreffenden Strahlung. Lorenz spekuliert, dass es sich dabei um Einschlagskrater handeln könnte, in denen sich flüssige Kohlenwasserstoffe gesammelt haben. Diese Seen könnten denn auch für den hohen Methangehalt in der Atmosphäre verantwortlich sein. Ausgehend von anderen Saturnmonden wären auf Titan zumindest 80 Krater von 150 Kilometer Durchmesser zu erwarten und einige Tausend kleinere.

Was auch immer auf der Oberfläche Titans zu finden ist, sicherlich wird die Raumsonde Cassini dabei helfen, das Geheimnis zu lüften. In etwa einem Jahr erreicht sie den Saturnmond und wird ihn in mehr als 40 Vorbeiflügen sowohl im optischen als auch im infraroten Wellenlängenbereich sowie mit Radar erkunden. Im Januar 2005 wirft sie schließlich ihren kleinen Begleiter Huygens an einem Fallschirm über dem Mond ab. Spätestens dann dürfte der Blick hinter Titans Schleier gelingen.

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