Hochleistungssport: Wie viel Energie kann der menschliche Körper verbrauchen?

Der menschliche Körper hat eine »metabolische Obergrenze«, die selbst die extremsten Sportler nicht überschreiten können. Einer Studie zufolge, die in der Fachzeitschrift »Current Biology« erschienen ist, beträgt diese Obergrenze über einen längeren Zeitraum hinweg – 30 Wochen oder mehr – etwa das 2,4-Fache des Grundumsatzes eines Sportlers. Der Grundumsatz ist die Energiemenge, die der Körper pro Tag mindestens umsetzen muss, um lebenswichtige Funktionen wie die Atmung aufrechtzuerhalten. Er variiert von Mensch zu Mensch je nach Geschlecht, Alter, Größe, Gewicht und Muskelmasse.
Kurzzeitig können Menschen ihren Energieumsatz bis auf das Zehnfache des Grundwerts steigern. Forscher gehen allerdings schon seit geraumer Zeit davon aus, dass über längere Fristen hinweg schon bei deutlich niedrigeren Werten Schluss ist: Üblicherweise nehmen sie an, dass der Körper dauerhaft etwa das 2,5-Fache des Grundumsatzes verbrauchen kann. Bis jetzt sei das aber noch nie richtig getestet worden, sagt Andrew Best, Anthropologe am Massachusetts College of Liberal Arts in North Adams und Mitautor der Arbeit.
Best und seine Kollegen rekrutierten für ihre Studie 14 Hochleistungssportler: Ultraläufer, Radfahrer und Triathleten. Die Teilnehmer bekamen doppelt markiertes Wasser zu trinken, das Deuterium und Sauerstoff-18 enthält, schwere Isotope von Wasserstoff und Sauerstoff. Nach der Einnahme werden sowohl Deuterium als auch Sauerstoff-18 in Form von Wasser über Urin und Schweiß aus dem Körper ausgeschieden. Allerdings verlässt ein Teil des Sauerstoff-18 den Körper auch in Form von ausgeatmetem Kohlenstoffdioxid (CO2).
Indem sie die Menge der Moleküle verfolgten, die mit dem Urin ausgeschieden wurden, konnten die Wissenschaftler die Menge des ausgeatmeten CO2 berechnen und daraus die Anzahl der von den Sportlern verbrannten Kalorien abschätzen. Das erlaubte dem Team, den Energieumsatz der Athleten in Echtzeit mitzuverfolgen, statt ihn auf dem Laufband im Labor zu messen, erklärt Best.
Wer sich beim Sport verausgabt, muss woanders Energie sparen
Während mehrtägiger Wettkämpfe verbrannten einige Athleten rund 9000 Kalorien pro Tag. Aber über längere Zeiträume hinweg – von 30 und 52 Wochen – lag ihr Energieverbrauch im Durchschnitt beim 2,4-Fachen des Grundumsatzes. Die Ergebnisse zeigen, dass selbst die extremsten Athleten an eine metabolische Obergrenze stoßen, die sich nur schwer überschreiten lässt.
Die Forscher fanden zudem heraus, dass die Sportler unbewusst weniger Energie für andere Tätigkeiten wie Gehen oder Zappeln aufwandten, wenn sie viel liefen, schwammen oder mit dem Rad fuhren.
Laut Nigel Turner, Stoffwechselexperte an der University of New South Wales in Sydney, Australien, ermöglicht das doppelt markierte Wasser dem Team, genaue Schätzungen des Energieumsatzes der Sportler zu erhalten. Es sei der Goldstandard für die Messung des Energieverbrauchs. Doppelt markiertes Wasser sei jedoch erst seit Kurzem erschwinglich, so Best, was die Studie überhaupt erst möglich machte.
Turner zufolge ist ein Faktor, der den langfristigen Energieumsatz limitiert, wahrscheinlich die Nährstoffzufuhr, da Verdauungs- und Stoffwechselprozesse ebenfalls eine Energiezufuhr erfordern. Frühere Untersuchungen hatten ergeben, dass der Mensch nur ein Kalorienäquivalent verstoffwechseln kann, das maximal dem 2,5-fachen seines Grundumsatzes entspricht.
»Wenn der Energieumsatz über einen längeren Zeitraum das 2,5-Fache des Grundumsatzes übersteigt, kann die Energiezufuhr der Sportler nicht mehr mithalten. Der Körper muss dann auf seine Reserven zurückgreifen, was zum Muskelabbau führen könnte«, sagt Turner. »Dies wiederum würde die Leistung beeinträchtigen.«
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