Square Kilometre Array: Ein neues Radioteleskop der Superlative

Wie kann man die ersten Sterne und Galaxien des Universums beobachten? Vor fast 50 Jahren kam die Idee auf, diesen Blick in die Tiefen des Weltraums mit einem gigantischen Radioteleskop zu wagen, einem Observatorium von nie dagewesenen Dimensionen und enormer Leistungsfähigkeit. Es müsste über eine enorme Sammelfläche von rund einem Quadratkilometer verfügen, um feinste und ferne kosmische Strukturen auflösen zu können. Aber warum ein Riesenteleskop im Radiobereich? Wegen des Wasserstoffs. Dieses chemische Element kommt im Universum bei Weitem am häufigsten vor und war schon Minuten nach dem Urknall vorhanden. Es ist zusammen mit Helium der Urstoff, aus dem die ersten Himmelsobjekte entstanden sind. Wenn man mit einem leistungsstarken Teleskop die kosmische Entwicklungsgeschichte von Wasserstoff untersucht, lernt man viel über die Strukturbildung des Universums.
Der Weg zum Megaprojekt
Wie bei allen Großprojekten der Astronomie kostet es viel Zeit, bis die Grundidee zu einem solchen Teleskop konkret verwirklicht werden kann. Mehr als drei Jahrzehnte lang haben Akteure aus der Community der internationalen Radioastronomie geplant, entwickelt und verhandelt. Am 5. Dezember 2022 war es dann endlich so weit: Die offiziellen Bauarbeiten für das Square Kilometre Array (SKA) hatten begonnen. Zu diesem damaligen Zeitpunkt waren elf Jahre nach der Gründung der SKA-Organisation und knapp vier Jahre nach der Etablierung des SKA-Observatoriums vergangen. Das SKAO (Square Kilometre Array Observatory) hat die SKA-Organisation abgelöst. Es ist eine Staatsvertragsorganisation, um das Teleskop zu bauen und zu betreiben.
An zwei Standorten in Südafrika und Westaustralien ist in den darauf folgenden Jahren begonnen worden, das weltweit modernste Radioteleskop zu realisieren. An 512 Stationen werden zurzeit insgesamt 131 072 Niederfrequenzantennen (kurz: SKA-Low) im westaustralischen Murchison Shire gebaut (siehe »SKA in Australien«). Auf Grund ihrer speziellen Form erinnern sie an metallene Tannenbäume. Ein komplett anderes Erscheinungsbild werden die 197 voll beweglichen Parabolspiegel für mittlere Frequenzbereiche (kurz: SKA-Mid) in der südafrikanischen Karoo-Wüste haben. Sie sehen aus wie die typischen Radioschüsseln.
Wasserstoff als Ideengeber
Das chemische Element, das an erster Stelle im Periodensystem steht, ist der fundamentale kosmische Baustein der Materie und im Universum am häufigsten zu finden. Erkenntnisse über die kosmische Entstehungsgeschichte von Wasserstoff und darüber, wie er sich in der weiteren Entwicklung des Universums vom Urknall bis heute wandelt und verteilt, sind von fundamentaler Bedeutung. Hierfür ist es unerlässlich, einen Blick weit in die kosmische Vergangenheit zu werfen. Von besonderem Interesse sind Zeiträume, die in der Kosmologie als kosmische Dämmerung (englisch: cosmic dawn) und als Epoche der Reionisation bekannt sind. In ihnen entstanden die ersten Sterne und Galaxien. Dieser Blick zurück erfordert wiederum ein geeignetes Radioteleskop, das Ende der 1980er Jahre nicht existierte. Es muss ein leistungsstarkes, äußerst empfindliches Teleskop mit einer möglichst großen Sammelfläche sein. Berechnungen zufolge war eine Sammelfläche von annähernd einem Quadratkilometer (englisch: square kilometre) notwendig. Ein solches Teleskop würde nicht nur die geplante Erforschung des Wasserstoffs ermöglichen, sondern zu vielen weiteren Erkenntnissen auf dem Gebiet der Radioastronomie führen.
Große Fragen
Die wissenschaftlichen Ziele, die mit dem SKA verfolgt werden, sind vielfältig und ambitioniert. Es geht unter anderem um Themen wie Gravitation, Dunkle Materie, Dunkle Energie, kosmischen Magnetismus und den Ursprung des Lebens. Die damit zusammenhängenden Fragestellungen sollen nachfolgend skizziert werden.
In der Wissenschaft ist es unbestritten, dass sich das Universum immer schneller ausdehnt. Ungeklärt ist jedoch die Frage, woher diese kosmische Beschleunigung rührt und ob tatsächlich die Dunkle Energie als treibende Kraft dahintersteckt. Die Fachwelt erhofft sich, diese Frage durch das Untersuchen möglichst vieler Galaxien mit dem SKA beantworten zu können. Galaxien müssen nämlich der kosmischen Expansion folgen, so dass ihre räumliche Anordnung und deren Entwicklung über Jahrmilliarden Eigenschaften der Dunklen Energie verraten.
Eine der wahrscheinlich größten Fragen des Universums lautet: Woher kommen wir? Nach den gegenwärtigen Vorstellungen in der Wissenschaft dauerte es einige Zeit, bis die Bedingungen für das Entstehen von Leben im Universum gegeben waren. Aus relativ einfachen Lebensformen entwickelte sich danach komplexes und noch später intelligentes Leben. Die Frage nach dem Ursprung des Lebens ist eng verzahnt mit der Frage danach, ob sich Leben auch anderswo im Kosmos gebildet haben könnte. Bis heute wissen wir das nicht. Beobachtungen mit dem SKA sollen auch diesen Forschungsbereich der Astrobiologie befruchten. So lassen sich im Bereich der Radiowellen unter anderem Moleküle im fernen Weltall aufspüren, die möglicherweise für das Entstehen von Leben eine wichtige Rolle spielen.
In ähnlicher Weise ist die Entstehung von Magnetfeldern im Universum weitestgehend unerforscht. Auch hier soll das neue Teleskop dank eines breiten Frequenzspektrums sowie seiner hohen Empfindlichkeit Licht ins Dunkel bringen. Das SKA wird in der Lage sein, sehr weit entfernte, schwache Galaxien zu beobachten. Von diesen Beobachtungen versprechen sich Astronominnen und Astronomen ein detailliertes Bild der magnetischen Umgebung dieser Galaxien, um die riesigen magnetischen Strukturen in unserem Universum kartieren zu können. Durch eine solche Kartierung sollen schließlich Fragen beantwortet werden wie: Wie sind Magnetfelder entstanden? Wie haben Magnetfelder Strukturen im Universum beeinflusst?
Darüber hinaus soll mit dem SKA die derzeit beste Gravitationstheorie getestet werden, die wir haben, nämlich Einsteins allgemeine Relativitätstheorie. Mit dem SKA lassen sich die Grenzen dieser Theorie weiter ausloten. Es geht beispielsweise um Fragen wie: Was ist die Natur der Schwarzen Löcher? Was verraten uns Gravitationswellen über diese rätselhaften Objekte? Müssen wir Einsteins Gravitation modifizieren oder erweitern?
Die hier dargestellten Wissenschaftsthemen geben einen ersten Einblick in die Forschungsziele des SKA, sind aber nicht vollständig. Die Liste von spannenden Fragen ist lang, und mit dem SKA erhalten die nächsten Generationen der Radioastronominnen und Radioastronomen die Möglichkeit, ihnen auf den Grund zu gehen und einige auch tatsächlich zu beantworten.
Die nächsten Schritte zum SKA
Die Idee eines neuen Radioteleskops von einer noch nie dagewesenen Größe war geboren und reifte in den Köpfen der Wissenschaftscommunity. Über die Jahre erschienen zahlreiche Fachbücher und Konzeptpapiere, in denen Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Technik ihre gemeinsamen Ansätze für ein solches Teleskop darlegten. Im Jahr 2005 schafften es sechs Designs in die Endauswahl. Gleichzeitig leisteten die Beteiligten viel politische Überzeugungsarbeit, etablierten Arbeitsgruppen sowie Ausschüsse und unterzeichneten Vereinbarungen zur internationalen Zusammenarbeit. In den 2000er Jahren war die Frage nach geeigneten Standorten für das Teleskop von besonderer Wichtigkeit. Im November 2011 wurde die SKA-Organisation gegründet. Sie war anfangs für das Koordinieren der internationalen technischen Planung des SKA verantwortlich und wurde später durch das SKA Observatory (SKAO) abgelöst. Ab dem Jahr 2011 wurden diese drei wichtigsten Ziele für das SKA verfolgt:
1. die finale Entscheidung bezüglich der Standorte
2. das Festlegen des Designs
3. das Etablieren einer Leitungsstruktur
Das Auswahlverfahren bezüglich der Standorte endete im Jahr 2012 mit der Entscheidung für Australien (SKA-Low) und Südafrika (SKA-Mid). In der Radioastronomie ist es immer essenziell, das Teleskop an entlegenen Orten idealerweise ohne menschengemachte Störstrahlung, die unter anderem durch Elektrizität und Mobilfunk verursacht wird, zu bauen. Ein im darauf folgenden Jahr gegründetes internationales Designkonsortium beschäftigte sich mit den Entwurfsarbeiten zahlreicher Ingenieurinnen und Ingenieure. Die finale Prüfung des Teleskopentwurfs erfolgte im Dezember 2019. Weitere wichtige Meilensteine waren die Unterzeichnung der internationalen Konvention zur Gründung des SKAO im März 2019 sowie das Einsetzen des SKAO-Rates Anfang 2021. Der durch den Rat genehmigte Beginn der Bauarbeiten ist Anfang Dezember 2022 an den beiden Standorten feierlich begangen worden.
Nach vielen Jahren des Planens und Verhandelns ist Deutschland am 1. November 2024 als zwölftes Mitglied dem SKAO beigetreten. Weitere Mitglieder sind: Australien, China, Großbritannien, Indien, Italien, Kanada, Niederlande, Portugal, Schweiz, Spanien, Südafrika. Zuletzt hat am 21. Januar 2025 Schweden seinen geplanten Beitritt verkündet. Dessen offizielle Mitgliedschaft wird derzeit ratifiziert. Deutschlands Aufgabe besteht insbesondere darin, die SKA-Mid-Antennen zu entwickeln.
Von Tannenbäumen und Erdmännchen
Der Grund für den Bau neuer Radioteleskope liegt auf der Hand: Die Wissenschaft strebt nach immer besseren Ergebnissen, die sie dem Verständnis unseres Universums stetig näherbringen, und benötigt hierfür die neueste Technik. Bessere Resultate können in diesem Fall mit einer höheren Empfindlichkeit der Radioteleskope erreicht werden. Dies geht wiederum mit größeren Teleskopen einher. Je größer und somit auch schwerer vollbewegliche Radioteleskope werden, desto größer wird auch die Herausforderung, die benötigte Genauigkeit hinsichtlich Oberfläche und Ausrichtung einzuhalten. Bei vollbeweglichen Einzelteleskopen wie dem 100-Meter-Radioteleskop in Effelsberg bei Bonn sind mittlerweile die Grenzen erreicht. Der Wunsch nach noch größeren Teleskopen erfordert eine völlig andere Bauweise. So können die Spiegel von Radioteleskopen fest in einem Tal verbaut werden, wie beispielsweise beim derzeit größten Radioteleskop der Welt – dem Five hundred meter Aperture Spherical Telescope (FAST) in China. Doch diese Instrumente bringen einen entscheidenden Nachteil mit sich: Der mit einem fest installierten Radioteleskop beobachtbare Teil des Himmels ist viel kleiner als bei einem voll beweglichen Instrument.
Wie kann die Technik nun den Wunsch der Wissenschaft nach einem möglichst großen, empfindlichen Radioteleskop mit einem angemessenen Gesichtsfeld erfüllen? Die Lösung heißt »Array« (deutsch: Verbund). Ein Array besteht aus vielen kleineren Antennen, die in einer ganz speziellen Anordnung miteinander verbunden sind und deren Daten heutzutage digital kombiniert werden. So entsteht ein Teleskop, dessen Größe dem Abstand zwischen den beiden am weitesten voneinander entfernten Antennen innerhalb dieser Anordnung entspricht.
Das Square Kilometre Array besteht genau genommen aus zwei Arrays. Die 131 072 Antennen des SKA-Low in Westaustralien dienen der Beobachtung im Frequenzbereich von 50 bis 350 Megahertz. Die Dipolantennen selbst sind nicht beweglich, können aber dennoch bei ihren Beobachtungen den gesamten Himmel abdecken. Die Radiowellen astronomischer Objekte regen dabei die vielen Dipolstränge, aus denen die Antennen bestehen, an und erzeugen elektrische Energie, die gebündelt an die Spitze der Antenne geleitet wird. Zwei Verstärker sorgen hier für die Verbesserung der schwachen Signale. Anschließend werden die digitalisierten Daten an das zentrale Rechenzentrum übertragen. Im Korrelator in der australischen Stadt Perth werden die bereinigten Daten mehrerer Stationen schließlich miteinander kombiniert. Auf diese Weise kann das Teleskop, obwohl es aus unbeweglichen Antennen besteht, in eine oder mehrere Richtungen am Himmel »ausgerichtet« werden, und zwar digital.
Das zweite Array, das SKA-Mid in Südafrika, wird final 197 Parabolspiegel, einschließlich der bereits bestehenden sowie geplanten MeerKAT-Antennen, umfassen (siehe »Schüsseln von MeerKAT« und »Das Radioteleskop MeerKAT«). Die Spiegel der SKA-Antennen bestehen aus 66 Einzelpaneelen und sind mit einem Durchmesser von 15 Metern genau 1,5 Meter größer als die Spiegeloberfläche der MeerKAT-Antennen. Damit Radiowellen nicht unkontrolliert von der Oberfläche der Teleskope abgelenkt werden, sondern den Empfänger erreichen und weiterverarbeitet werden können, ist eine äußerst präzise Fertigung der glatten Sammelfläche unerlässlich. Bei den Parabolantennen des SKA-Mid beträgt die durchschnittliche Oberflächengenauigkeit 0,010 bis 0,030 Millimeter. Zum Vergleich: Ein menschliches Haar ist etwa 0,05 bis 0,08 Millimeter dick. Bei der Beobachtung eines astronomischen Objekts treffen die Radiowellen auf den Hauptreflektor und werden über den Subreflektor zum Empfänger gelenkt. Es folgt der bereits oben beschriebene Weg über den Verstärker zum Rechenzentrum.
Ein SKAMPI in der Wüste
Gemeinsam mit der OHB Digital Connect GmbH und dem South African Radio Astronomy Observatory (SARAO) hat das Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR) in Bonn eine Prototypantenne für das SKA-Mid entwickelt und gebaut. Das so genannte SKA-MPIfR-Teleskop, kurz SKAMPI, steht seit Mitte 2018 in der südafrikanischen Karoo-Wüste und hat erste Testbeobachtungen im Dezember 2019 erfolgreich absolviert (siehe »Ein Prototyp«). Die technische Inbetriebnahme eines solchen Großgeräts nimmt einige Zeit in Anspruch: Zwei Jahre lang führten Fachkräfte aus Technik und Wissenschaft Systembewertungen, Hochfrequenzstörungstests sowie Leistungstests an der Prototypantenne durch. Seitdem steht die Optimierung von SKAMPI im Mittelpunkt. So wurde unter anderem erfolgreich daran gearbeitet, das Teleskop ferngesteuert betreiben zu können. Das bedeutet, dass SKAMPI durchgängig von Bonn aus gesteuert wird und nur in Ausnahmefällen Unterstützung vor Ort in Südafrika benötigt.
Schon während der ersten Beobachtungen hat SKAMPI seine Fähigkeiten eindrucksvoll bewiesen. Zwei Nächte lang hat das Teleskop den von seinem Standort aus beobachtbaren Teil des Südhimmels durchmustert und sich dabei mit einer Geschwindigkeit von 2,5 Grad pro Sekunde bewegt. Das auf diese Weise erzeugte erste Bild weist trotz Hochfrequenzstörungen sowie atmosphärischer und systembedingter Schwankungen bereits eine sehr hohe Qualität auf (siehe »Südhimmel mit SKAMPI«). Fachleute sind davon überzeugt, dass SKAMPI in naher Zukunft in der Lage sein wird, äußerst empfindliche Himmelsdurchmusterungen durchzuführen. Die Prototypantenne wird neben den Durchmusterungskampagnen ebenfalls zur Beobachtung von Pulsaren – schnell rotierenden Neutronensternen, die Radiowellen aussenden – eingesetzt. Um auch hier die Fähigkeiten des Teleskops zu testen, wurde die Radiostrahlung des Vela-Pulsars detektiert. Hierbei handelte es sich im Übrigen um eine Erstbeobachtung, deren Ergebnisse sich perfekt mit den theoretischen Erwartungen decken. Auch hier überzeugt SKAMPI die Wissenschaft voll und ganz von seiner Leistung.
Am MPIfR werden derzeit Metadaten wie beispielsweise Wetter- und Sensordaten mit den zeitgleich gewonnenen Beobachtungsdaten verglichen. Ziel dieser Arbeit ist es, systematische Einflüsse zu eruieren, welche auf die Qualität der wissenschaftlichen Daten einwirken. Diese Qualitätskontrolle geht schließlich in den Automatisierungsprozess von SKAMPI ein und soll langfristig eine KI-basierte Datenanalyse ermöglichen. Darüber hinaus dient das Teleskop als Testinfrastruktur für die am D-MeerKAT-Konsortium (Deutsches MeerKAT-Konsortium) beteiligten Hochschulen und Forschungseinrichtungen, die aktuell mit den SKAMPI-Daten arbeiten, um auf dieser Basis Strukturen für das Big-Data-Management oder auch Software-Pipelines zu entwickeln. Die Organisation des SKA hat ein Interesse daran, SKAMPI zum Tracken von Satelliten einzusetzen und langfristig Methoden zur Verringerung der durch die Satelliten verursachten Störstrahlung zu entwickeln. Das Deutsche Zentrum für Astrophysik (DZA), das derzeit in Görlitz entsteht, wird sowohl eine Antenne für MeerKAT+ in der Karoo-Wüste als auch eine Antenne in Botswana bauen, die neben SKAMPI Teil von zukünftigen VLBI-Messungen mit dem SKA-Mid sein wird. VLBI steht für Very Long Baseline Interferometry und bezeichnet ein Verfahren, bei dem Einzelantennen zu einer virtuellen Großantenne zusammengeschlossen werden. Hierbei beobachten verteilte Teleskope zeitgleich dieselbe Radioquelle, was auf Grund der großen Entfernung zwischen den Einzelteleskopen zu einer sehr hohen Auflösung führt.
Zukünftig soll SKAMPI unter anderem zum Untersuchen von aktiven Galaxienkernen, für die Beobachtung starker Pulsare sowie das Erforschen von Fast Radio Bursts (schnellen Radioblitzen) eingesetzt werden. Dabei steht es in der Zukunft auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern außerhalb des MPIfR für Beobachtungen zur Verfügung.
Lag Einstein falsch?
Das SKA wird es der Wissenschaft ermöglichen, Einsteins Relativitätstheorie zu testen. Als »Labor« dient hierbei der Weltraum, insbesondere Orte mit starken Gravitationsfeldern, wie zum Beispiel die Umgebung von extrem massereichen Schwarzen Löchern. Von besonderem Interesse ist dabei ein Phänomen, dessen Existenz Einstein selbst voraussagte und trotzdem in Frage stellte: Gravitationswellen, winzige Veränderungen der Raumzeit, die sich mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten. Entstehen können Gravitationswellen, wenn sich beispielsweise zwei massereiche Schwarze Löcher umkreisen, sich dabei einander stetig annähern und schließlich miteinander verschmelzen. Da man im Zentrum einer jeden Galaxie ein extrem massereiches Schwarzes Loch vermutet, führt die Verschmelzung zweier Galaxien ebenfalls zum Verschmelzen ihrer Schwarzen Löcher, was – wie soeben beschrieben – die Emission von starken Gravitationswellen zur Folge hat. Bildlich gesprochen gibt das Paar aus sich umkreisenden Schwarzen Löchern Wellen ab, wie ein Stein, den man in ein stehendes Gewässer wirft. Dabei entsprechen die Oberflächenwellen im Gewässer den Gravitationswellen, die sich im leeren Weltraum ausbreiten können, weil das Raum-Zeit-Kontinuum selbst schwingt. Wie alle Wellen tragen auch Gravitationswellen Energie aus dem System fort. Sie versetzen Testmassen in kleinste Schwingungen, so dass sie auf diese Weise experimentell gemessen werden können.
Um diese winzigen Erschütterungen der Raumzeit direkt nachweisen zu können, benötigt man Gravitationswellendetektoren. In Deutschland wird beispielsweise nahe Hannover der Detektor GEO600 vom Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik und von der Leibniz Universität Hannover zusammen mit Partnern aus dem Vereinigten Königreich betrieben. Mit LIGO, dem Laser Interferometer Gravitational-Wave Observatory in den USA, und Virgo in Italien wurden zwar bereits erfolgreich Gravitationswellen detektiert, jedoch können solche auf der Erde befindlichen Detektoren nicht beliebig groß gebaut werden und erreichen somit recht schnell ihre Grenzen. Je nach Frequenz der Gravitationswellen werden unterschiedliche Detektoren benötigt. So können Gravitationswellen unterhalb von zehn Hertz auf Grund des seismischen Rauschens (Bodenbewegung der Umgebung) auf der Erde nicht detektiert werden. Daher wird derzeit das erste Gravitationswellen-Observatorium im All gebaut: LISA (Laser Interferometer Space Antenna).
Doch bereits seit mehreren Jahrzehnten nutzen Radioastronominnen und Radioastronomen einen ganz anderen, noch viel größeren Gravitationswellendetektor im Weltall: Bei einem so genannten Pulsar Timing Array wird ein Netzwerk aus Millisekundenpulsaren von bestenfalls mehreren Radioteleskopen beobachtet. Da sich Pulsare sehr gleichmäßig drehen, kommen die von ihnen ausgesendeten Radiowellen auch äußerst regelmäßig auf der Erde und den dort stationierten Radioteleskopen an. Durchlaufen Gravitationswellen das Netzwerk aus Pulsaren, treffen die Pulse auf Grund der durch die Wellen verursachten Raum-Zeit-Veränderungen verzögert oder verfrüht bei den Radioteleskopen ein.
Auch mit dem MeerKAT-Teleskop werden seit einigen Jahren solche Abweichungen von der Pulsregelmäßigkeit detektiert. Einem internationalen Forschungsteam, der MeerKAT Pulsar Timing Array Kollaboration, ist es im Jahr 2023 gelungen, aus diesen Daten die bisher aussagekräftigste Karte aller Gravitationswellen am gesamten Himmel zu generieren (siehe »Gravitationswellenkarte mit MeerKAT«). Von der zukünftigen Nutzung des SKA verspricht man sich, den Gravitationswellenhimmel noch detaillierter darstellen zu können und dabei Orte besonders starker Emission ausfindig zu machen. Solche »Hot Spots« sind Gebiete, aus denen verhältnismäßig viele und starke Gravitationswellen kommen, die sehr wahrscheinlich von Paaren extrem massereicher Schwarzer Löcher emittiert werden.
Wie es weitergeht
Viele wichtige Meilensteine auf dem Weg zum Square Kilometre Array sind bereits erreicht worden – organisatorisch, politisch und wissenschaftlich. An den beiden Standorten in Südafrika und Australien haben die bisher errichteten Parabolspiegel und Stationen eindrucksvoll bewiesen, zu welcher Leistung das hochmoderne Radioteleskop bereits jetzt fähig ist und in Zukunft sein wird. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der SKAO-Mitgliedsländer werden detailreiche Bilder von fernen Objekten sowie Antworten auf fundamentale astronomische Fragen erhalten, zum Beispiel, wie sich das Universum weiterentwickelt hat oder wo Magnetfelder ihren Ursprung haben. Sowohl in Südafrika als auch in Australien werden in den nächsten Jahren die Bauarbeiten fortgesetzt. Ab etwa Anfang 2027 soll das Teleskop die Empfindlichkeit vergleichbarer bestehender Anlagen nicht nur erreicht, sondern weit übertroffen haben.
Das Radioteleskop MeerKAT
Das MeerKAT-Radioteleskop in der südafrikanischen Karoo-Wüste besteht aus 64 Parabolantennen und soll in das im Bau befindliche SKA integriert werden. Hierfür findet zunächst der Ausbau von MeerKAT zu MeerKAT+ mit weiteren Antennen statt, bei dem es sich um eine Zusammenarbeit der Max-Planck-Gesellschaft (MPG), des South African Radio Astronomy Observatory (SARAO) und des Istituto Nazionale di Astrofisica (INAF) handelt.
Mit der Übergabe der ersten Erweiterungsantenne wurde im Februar 2024 ein wichtiger Meilenstein erreicht. Weitere Antennen von MeerKAT+ befinden sich derzeit im Bau; insgesamt wird die Erweiterung 14 Antennen umfassen. Deutschland leistet mit der Erweiterung zu MeerKAT+ einen wichtigen Beitrag zum SKA.
Einige Zahlen im Überblick:
• Anzahl der Antennen: 64
• Durchmesser des Hauptreflektors: 13,5 Meter
• Durchmesser des Subreflektors: 3,8 Meter
• Azimutgeschwindigkeit/-bereich: 2 Grad pro Sekunde (–185 bis +275 Grad)
• Elevationsgeschwindigkeit/-bereich: 1 Grad pro Sekunde (15 bis 88 Grad)
• Reflektoreffizienz: mindestens 99,5 Prozent (Haupt- und Subreflektor)
• Indexer: vier Empfänger, 1 Minute Umschaltzeit
Der ursprüngliche Name des zunächst sieben Antennen umfassenden Teleskops war Karoo Array Telescope (KAT). Mit dem Ausbau des Arrays erhielt das Teleskop seinen heutigen Namen mit der passenden Bedeutung »mehr von KAT«: MeerKAT. Darüber hinaus ist »meerkat« das englische Wort für »Erdmännchen«, die auch in der Karoo-Wüste Südafrikas beheimatet sind.
Der in der Liste erwähnte Indexer kann die dort angebrachten Empfänger in die jeweils gewünschte Ausrichtung drehen. So können die Empfänger je nach Bedarf schnell gewechselt werden, ohne dass man sie aus- und wieder einbauen muss.
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