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News: Stabile Oberfläche von porösem Silicium

An der Purdue Universität wurde kürzlich eine Methode zur Stabilisierung der Oberfläche von porösem Silicium entwickelt. Dieses neue Material kann zur Kombination von Licht und Elektronik beim Bau von Computern und optischer Geräte eingesetzt werden. Mit seiner Hilfe können auch präzise Sensoren für Echtzeitmessungen beispielsweise in der Produktion und in der Medizin entwickelt werden.
Poröses Silicium ist in der Zusammensetzung identisch mit dem Silicium, das heute in vielen technologischen Anwendungen eingesetzt wird; seine Oberfläche enthält jedoch winzige Poren. Diese Poren enthalten mikroskopische Strukturen aus Silicium, die Licht aussenden, wenn sie mit ultraviolettem Licht bestrahlt werden. Wissenschaftlern ist diese Art von Silicium seit den fünfziger Jahren bekannt, als sie entdeckten, daß Silicium bei der Herstellung nicht immer glatt poliert werden konnte.

Es dauerte jedoch bis 1990, bis man entdeckte, daß das poröse Silicium photolumineszierende Eigenschaften besaß. 1992 entdeckten Wissenschaftler, daß es auch Licht emittiert, wenn elektrischer Strom angelegt wird. Diese Erkenntnis eröffnete die Möglichkeit der Kopplung von Licht und Elektronik für den Bau von Computern und anderen Geräten.

Unbehandeltes poröses Silicium oxidiert jedoch innerhalb kurzer Zeit. Der Oxidationsprozeß erzeugt eine glatte, glasartige Oberfläche, die die Funktion des Materials einschränkt. Zusammen mit ihrem Assistenten Matthew Allen entdeckte Jillian Buriak, Assistenzprofessorin für Chemie an der Purdue University, jetzt einen Weg, wie man die Oxidation der Oberfläche mit Hilfe eines chemischen Prozesses verhindert. „Viele Reaktionen umfassen chemische Bindungen ähnlich denen, die sich auf der Oberfläche von porösem Silicium bilden. Deshalb habe ich diese Reaktionen aufgelistet und stieß dabei auf eine Reaktion, von der ich glaubte, sie könnte die Oxidation der Oberfläche verhindern“, sagt Buriak. „Das Ergebnis war eine sehr saubere, sehr einfache einstündige Reaktion bei Zimmertemperatur, die es uns ermöglichte, die Oberfläche zu stabilisieren.“

Buriak überzieht die poröse Silicium-Oberfläche mit einer Lewis-Säure (EtAlCl2). Die mittels der Lewis-Säure stattfindende Hydrosilylierung von Alkinen und Alkenen ergab Vinyl- und Alkylgruppen, die kovalent an die Oberfläche gebunden sind. Die Lewis-Säure spielt hierbei eine doppelte Rolle – sie vermittelt das Hydrosilylierungsereignis und fungiert als reversible Schutzgruppe für Lewis-Basen im ungesättigten Substrat. Der so entstandene Überzug schützt die Oberfläche und erhält gleichzeitig die photolumineszierenden Eigenschaften des porösen Siliciums.

Um zu testen, wie stabil sich die Oberfläche gegenüber äußeren Einflüssen verhält, siedete Buriak behandelte und unbehandelte Proben eine Stunde lang in stark basischer Kaliumhydroxid-Lösung (KOH pH 10). „Silicium-Verbindungen lösen sich im allgemeinen in basischer Lösung auf. Durch Sieden beschleunigten wir den Alterungsprozeß, um zu testen, wie gut diese Stabilisierungsmethode Extrembedingungen über einen bestimmten Zeitraum standhält.“ Die behandelten Oberflächen wiesen keine Oxidation auf und ihre photolumineszierenden Eigenschaften veränderten sich nur geringfügig, wogegen sich die poröse Schicht der unbehandelten Proben auflöste. „Dies deutet darauf hin, daß die Oberfläche über lange Zeiträume stabil bleiben wird, sobald sie behandelt wurde.“

„Bis heute ist dies die stabilste poröse Siliciumoberfläche“, sagt Buriak. „Mit Hilfe unseres Verfahrens können wir eine Oberfläche erzeugen, die auch härtesten Anforderungen genügen sollte.“ Purdue beantragt gerade ein Patent für die Methode. Einzelheiten der Entdeckung werden im Journal of the American Chemical Society in der Ausgabe vom 17. Februar vorgestellt.

„Weil ein Großteil unserer modernen Technologie auf Silicium basiert, könnten optische Anwendungen relativ leicht entwickelt und mit modernen Technologien kombiniert werden, da die Produktionsprozesse bereits vorhanden sind“, sagt Buriak. Zum Beispiel könnte poröses Silicium als flacher, millimeterdicker Anzeigebereich für Computerbildschirme dienen und die heute üblichen voluminösen Kathodenstrahlmonitore ersetzen.

Die Eigenschaften von porösem Silicium machen es auch zu einem idealen Material für die Entwicklung von Computern, die auf der Basis von Lichtsignalen anstatt von elektrischen Signalen arbeiten. Derartige Computer wären deutlich schneller, da das Licht Informationen viel schneller übertragen kann als Elektronen. Die Verwendung von Licht zur Übertragung von Daten würde auch die Wärmeentwicklung in Computern verhindern und es so erlauben, kleinere Computer zu entwickeln, indem mehrere Chips aus porösem Silicium übereinander geschichtet werden.

Nach Aussage von Buriak kann diese Eigenschaft für die Entwicklung neuer Arten medizinischer oder industrieller Meßgeräte ausgenutzt werden. „Trifft UV-Licht auf die Oberfläche von porösem Silicium, dann wird es in der roten Wellenlänge zurückgestrahlt und erzeugt eine helle, orange Farbe“, sagt Buriak. „Wird jedoch eine Chemikalie hinzugefügt, die beispielsweise mit Natrium reagiert, wird sich die zurückgestrahlte Wellenlänge ändern und auf diese Weise eine andere Farbe, wie etwa gelb, erzeugen. Deshalb kann man sich einfach den Farbunterschied anschauen, um zu sehen, ob Natrium vorhanden ist und in welcher Konzentration.“

Mit Hilfe dieses Wissens könnten Wissenschaftler Meßgeräte entwickeln, die in einer Arztpraxis eingesetzt werden können, so daß Blut- und andere Gewebeproben zur Auswertung nicht mehr in ein Labor geschickt werden müßten. Dieselben Techniken könnten für die Entwicklung von Sensoren eingesetzt werden, die sofort auf chemische Veränderungen in der Umgebung reagieren. Derartige Meßgeräte könnten in Fabriken eingesetzt werden, um Qualitätskontrollmessungen in Echtzeit und Online durchzuführen.

„Will man derzeit eine chemische Mischung während des Herstellungsprozesses überprüfen, so verliert man viel Zeit durch Probenentnahme und Einschicken der Proben in ein Qualitätskontrollabor“, sagt Buriak. „Die ideale Situation wäre ein Sensor, der in die Wanne gelegt wird, in der die chemischen Mischungen vorbereitet werden, so daß die Mischung während dieses Prozesses kontinuierlich überwacht wird.“

Nach Buriaks Ansicht könnte es nach der Entwicklung einer stabilen Form von porösem Silicium derartige Anwendungen bereits innerhalb von drei bis fünf Jahren geben.

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