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News: Stabilität durch Bewegung

Radfahrer, Stelzenläufer und Inline-Skater kennen das - solange sie sich bewegen, ist alles in Ordnung, aber wehe sie bleiben stehen, dann fallen sie um. Bewegung alleine scheint das stabilisierende Element zu sein. Das bestätigten nun auch Forscher, die mathematische Modelle zur Beschreibung ihrer "Gehmaschine" untersuchten.
Die ersten Radfahrversuche fühlen sich meist recht wacklig an. Ohne die stützenden Hilfsräder mag man sich so gar nicht sicher fühlen und tritt eher zaghaft in die Pedalen. Das Fahrrad kommt daraufhin auch nicht richtig in Schwung, rollt und schlingert ein paar Meter, bevor es sich bedrohlich zur Seite neigt. Derartige Erfahrungen muss wohl jeder machen, der sich zum ersten Mal auf den Drahtesel schwingt. Einmal Mut gefasst und beherzt in die Pedalen getreten, geht es aber auf einmal erstaunlich gut. Die Bewegung stabilisiert das Gefährt.

Ähnliches erleben auch Stelzenläufer, Inline-Skater, Betrunkene und eben auch Roboter oder Gehmaschinen, wie sie Michael Coleman von der Cornell University in New York und seine Kollegen ersannen. Bereits 1998 beschrieben die Forscher, wie sie aus einem Spielzeug eine einfach aufgebaute, rein mechanische Gehmaschine bastelten, die verblüffend sicher eine schiefe Ebene herunterläuft, die aber andererseits nicht still stehen kann, sondern umfällt.

Das laufende "Spielzeug" besteht dabei aus zwei runden Füßen, die je an einem starren Bein befestigt sind. Die Beine sind ihrerseits über eine bewegliche Achse miteinander verbunden. Aus der Mitte der runden Fußballen ragt zu beiden Seiten der Maschine je eine Stange, auf die jeweils ein Gewicht gesteckt ist. Das Ganze zieht ein wenig so aus wie eine Paar Beine ohne Körper, wobei jeder Fuss eine Hantel balanciert. Wie kann es sein, dass dieser Kamerad nicht gerade stehen aber doch laufen kann?

Die unterschiedlichsten Ideen wurden dazu in den letzten Jahren entwickelt – nicht nur zu diesem laufenden Gerät. Mal sollte ein Quäntchen Reibung in der Lagerung der Achse am Ende der Beine der Grund sein, der dem Ganzen ein wenig zusätzliche Stabilität verleiht. Dann vermutete man, dass die Gleitreibung an den Füßen der Laufmaschine den nötigen Halt gab. Schließlich verfolgten die Forscher an der Cornell University eine Idee, die Tad McGeer von der Insitu Group bereits im Jahr 1990 hatte.

Der Forscher hatte damals ebenfalls mit spazierende Robotern experimentiert, die sich ähnlich wie der Mensch auf zwei Beinen fortbewegten, und vermutet, dass seine Geschöpfe durch die Bewegung stabilisiert werden. Allerdings konnten die Roboter von McGeer auch stehen, ohne dass sie sich bewegen mussten, lediglich eine Verrenkung der Beine war dazu nötig. Deshalb war der Schluss nicht möglich, dass allein Bewegung das Objekt im Gleichgewicht behält.

Der Roboter von Coleman und seinen Kollegen ist jedoch anders gebaut. Aufgrund seiner abgerundeten Füße ist es ihm nicht möglich, unbewegt still zu stehen; er fällt unweigerlich um. Sollte also alleine die Bewegung für seine Stabilität verantwortlich sein? Die Forscher überprüften diese Vermutung, indem sie das Verhalten des Läufers mit einem einfachen mathematischen Modell eines starren Körpers simulierten und Reibung völlig vernachlässigten. Und wie sich zeigte, erlaubten die Gleichungen eine Lösung, die einen halbwegs stabilen Gang beschrieb – ganz so, wie es die Maschine vorführt.

Diese Erkenntnis wirft auch ein neues Licht auf den Gang von Lebewesen. Denn offenbar sind nicht all die sensorischen und motorischen Fähigkeiten notwendig, um sich auf Beinen fortzubewegen und Balance zu halten. Das könnte Entwicklern von Robotern dabei helfen, einfachere Mechanismen der Fortbewegung zu finden. Insbesondere für die Raumfahrt wäre das von großer Bedeutung, denn hier müssen möglichst leichte Maschinen sich auf fremden Terrain zurechtfinden und auch mal über einen Stein steigen können.

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