Direkt zum Inhalt

Ägypten: Stadt aus der wenig erforschten Hyksos-Zeit vermessen

Irene Forstner-Müller, Österreichisches Archäologisches Institut, Zweigstelle Kairo
Im Jahr 1650 v. Chr. begann im östlichen Nildelta ein Kapitel der ägyptischen Geschichte, von dem nicht einmal die Herrscherdaten sicher sind – die Regierungszeit der Hyksos. Bekannt ist nur, dass die Fremdherrscher aus dem vorderasiatischen Raum stammten. Woher genau, ist allerdings ebenso umstritten wie die Umstände ihrer Machtübernahme im Pharaonenreich. Die jüngste Kampagne des Österreichischen Archäologischen Instituts (ÖAI) hat sich dieser nebulösen Zeit gewidmet und nun die Vorstadt von Avaris kartiert. Jetzt können die Forscher einzelne Viertel, wie Tempelbezirk, Palast oder Friedhöfe eindeutig identifizieren. Die Forschungen sollen Aufschluss über die Wohnverhältnisse in der Hyksos-Zeit geben.

Die südliche Vorstadt von Avaris | In der Kombination eines Bildes von Google Earth und den magnetometrischen Ergebnissen sind Häuser, Straßen und der pelusische Nil zu erkennen.
Die Leiterin der Kairener Zweigstelle des ÖAI, Irene Forstner-Müller, erläuterte die Forschungsergebnisse gegenüber der dpa: "Man sieht jetzt sehr schön den Grundriss, die Stadtviertel, die Straßen, den Nil-Arm, der da durchfloss." Da die gesamte Stadt eine Fläche von geschätzten 260 Hektar einnimmt, suchen die Archäologen zunächst nach viel versprechenden Grabungsorten mit einer Magnetometermessung. Dabei registriert ein Gerät lokale Schwankungen des Erdmagnetfeldes. Doch auch im Bereich der Magnetometermessung wird eine solche Fläche, die etwa fünfmal der Größe des Vatikans entspricht, nur selten in Angriff genommen: Neben der benachbarten Stadt Qantir ist Avaris die weltweit größte Fläche, die auf diese Weise vermessen wird.

Im Gelände | Hier ist Forscher Tomasz Herbig dabei, das Gitternetz für die Messung aufzubauen.
Im Laufe des letzten Jahres hatten die Forscher des ÖAI bereits wichtige Funde in Avaris gemacht, die dessen Verbindungen nach Babylon belegten: Den Abdruck eines babylonischen Rollsiegels und ein Keilschriftdokument. Jetzt versuchen sie anhand des Stadtaufbaus und Haushaltsberechnungen aus der zweiten Zwischenzeit zu rekonstruieren, wie viele Menschen tatsächlich in Avaris lebten. Forstner-Müller und ihr Team errechneten eine Einwohnerzahl von etwa 30 000 – damit hätte es sich um eine der größten Städte des zweiten Jahrtausends v. Chr. gehandelt. (cr)

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.