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News: Stammzellen mit Extrachromosom

Stammzellen sollen nicht nur zur Züchtung von Ersatzgewebe dienen, sondern auch als Fenster, durch das die Forschung früheste Entwicklungsschritte beobachten kann. So auch beim Down-Syndrom, das durch ein zusätzliches Chromosom 21 gekennzeichnet ist. Welche Veränderungen dies auf die Nervenzellen ausübt, offenbarten humane Stammzellen mit drei Chromosomen.
Trisomie 21 heißt die Krankheit, bei der die Patienten eine vollständige oder teilweise dritte zusätzliche Kopie des Chromosoms 21 besitzen. Das Risiko dieser Chromosomenstörung – 1866 zum ersten Mal von dem englischen Arzt John Langdon Down (1828 – 1896) beschrieben – steigt mit dem Alter der Mutter. Neben verminderter Intelligenz zeichnen sich die Betroffenen durch verzögerte motorische Entwicklung aus und leiden häufiger als die Normalbevölkerung unter Herzfehlern, Fehlbildungen im Magen-Darm-Trakt, Seh- und Hörstörungen sowie Leukämie.

Welche auf dem Chromosom 21 lokalisierten Gene für die beschriebenen Krankheitserscheinungen zuständig sind, ließ sich bislang nur eingeschränkt untersuchen. Mäuse, die mit einem dreifachen Chromosomensatz der Nummer 21 Aufschluss geben sollen, entwickeln nicht alle typischen Merkmale und haben deshalb nur eine eingeschränkte Aussagekraft.

Doch die fehlerhafte Embryogenese interessierte Clive Svendsen von der University of Wisconsin und Sabine Bahn von der University of Cambridge so sehr, dass sie Stammzellen von normalem fötalem Gewebe mit entsprechenden Zellen mit Trisomie 21 verglichen. Hierbei entdeckten sie, dass eine für eine fehlerfreie Entwicklung des Gehirns kritische Gengruppe teilweise zerrissen vorliegt. Durch die erstmalige Verwendung humaner Stammzellen konnten die Forscher wichtige zelluläre und molekulare Prozesse ausmachen, die zur Manifestation der Erkrankung wesentlich beitragen.

Im Vergleich zu normalem Gewebe reduzierte sich in den dreifach ausgestatteten Zellen der Prozentsatz an Nervenzellen, die den Zellkörper des Neurons formen können. Zusätzlich zum fehlenden Zellkörper waren auch die Zellfortsätze, mit denen die Nervenzellen Informationen in Form von Aktionspotenzialen weiterleiten und empfangen, auffällig: Die sonst langen Fasern lagen hier kürzer und missgestaltet vor. Indem das Team mit entsprechenden Methoden die zu diesem frühen Zeitpunkt der Gehirnentwicklung aktiven Gene identifizierte, gelang ihnen eine genaue Zuordnung.

Dieses Wissen eröffnet nun die Möglichkeit, gezielt Medikamente zur Regulierung der verantwortlichen Gengruppe zu entwickeln. Svendsen ist vom sinnvollen Einsatz der Stammzellen überzeugt: "Ich denke, dies ist erst der Anfang des Spiels. Aber nun können wir mit einem neuen Modell für das Down-Syndrom arbeiten, welches humane Zellen statt Mauszellen nutzt. Wenn wir den Verlust von Nervenzellen im Down-Syndrom verstehen, könnte dies in der Zukunft zu neuen Therapien führen."

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