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News: Staub ist nicht gleich Staub

Gefrorene Wolken aus Gas und Staub - scheinbar sind alle Kometen gleich. Doch ganz so einfach ist es wohl nicht: Die Struktur ihrer Staubkörnchen verrät, dass sie sich zu verschiedenen Zeiten während der Entstehung des Sonnensystems gebildet haben. Kombinieren die Forscher das Ergebnis neuer Laborexperimente mit Beobachtungen des Kometen Halley aus dem Jahr 1989, müssen sie seine Entstehungsgeschichte neu schreiben - genau wie die all der anderen kosmischen Eisbrocken.
Der bekannteste Vertreter der Kometen ist wohl Halley, der die Erde alle 76 Jahre besucht – zum bisher letzten Mal 1986. Wie alle anderen dieser Himmelskörper ist er ein gefrorener Überrest des Sonnennebels, der Gas- und Staubwolke, aus der sich die Sonne und die Planeten entwickelt haben. Bei der Bildung von Kometen vereinigen sich gefrorenes Gas und Staub aus dem Nebel zu einem Eisklumpen. Manchmal stören nahe Sterne oder ein anderes Objekt aus dem Sonnensystem die Bahn eines Kometen, sodass er in die Nähe der Sonne gerät. Deren Hitze und Licht lassen Gas aus dem Kometen verdampfen und lösen Staub aus der Oberfläche. Dadurch entsteht der auffällige Kometenschweif.

Dort gibt es zwei verschiedene Typen von Staubkörnern. In den einen hängen die Moleküle völlig ungeordnet aneinander, was die Forscher als amorph bezeichnen. In den anderen Staubkörnern bilden die Moleküle eine geordnete, kristalline Struktur. Die Astrophysiker können die beiden Strukturen anhand der charakteristischen Spektren unterscheiden. Die großen Molekülwolken, aus denen sich der Sonnennebel entwickelt hat, enthalten ausschließlich amorphe Staubteilchen. Kristalline Strukturen müssen sich daher später gebildet haben, als es den Sonnennebel schon gab.

Die Forscher um Joseph Nuth vom Goddard Space Flight Center der NASA kommen zu dem Ergebnis, dass sich im Sonnennebel aus amorphen Strukturen Kristalle bildeten, indem die Sonne die Staubkörnchen erhitzte. Daher müssen Kometen, die vorwiegend aus amorphem Material bestehen, in der Frühphase der Entwicklung des Sonnennebels entstanden sein, während kristalline Strukturen sich erst später formten, als es die Sonne schon gab (Nature vom 20.7.2000).

Diese neuen Erkenntnisse haben einige Folgen. So hatten Forscher 1989 auf dem Kometen Halley kristallinen Olivin-Staub entdeckt. In Laborexperimenten konnte das Team um Nuth nun nachweisen, dass die Umwandlung von amorphen Strukturen zu kristallinen empfindlich von der Temperatur abhängt, woraus sich ableiten lässt, wie lange der Prozess gedauert hat. Den Ergebnissen zufolge kann der Halleysche Komet sich nicht wie bisher angenommen entwickelt haben, denn dann müsste er älter sein als das Universum. Nach der alten Vorstellung bildete er sich ausschließlich aus Materie in der Nähe der Riesenplaneten Jupiter und Neptun. Anschließend soll er aus dem Sonnensystem geschleudert worden sein, weit hinter Pluto, in den Bereich der so genannten Oortschen Wolke. Dort ist es aber so kalt, dass sich kristalline Strukturen nur sehr langsam bilden – zu langsam.

Folglich muss der Kristall-Staub näher an der Sonne entstanden sein. Bei höheren Temperaturen dauert das maximal ein paar Jahre. Die Eismassen, aus denen der Komet besteht, wären in so geringer Entfernung von der Sonne geschmolzen. Daraus haben die Forscher geschlossen, dass Halley den Staub erst aufgenommen hat, nachdem dieser von der Nähe der Sonne in die Region der Riesenplaneten geschleudert wurde. Einen solchen Materiefluss gab es bisher in keinem Modell der Kometenentstehung.

"Früher haben wir geglaubt, dass der Großteil der Materie im Nebel in der Sonne und den Planeten endet", sagt Nuth. Inzwischen wissen die Forscher, das auch ein Teil von der sich bildenden Sonne weggeflogen sein muss.

Die Physiker wollen ihr Modell auch anhand anderer Beobachtungen testen. Denn "die Sonne stellte die Energie zur Verfügung, und die Staubkörnchen dienten als Katalysatoren, welche die Bildung komplexer organischer Moleküle förderte", weiß der Astrophysiker. Daher erwarten die Wissenschaftler, in alten Kometen nur wenige komplexe organische Moleküle zu finden. Gäbe es in jüngeren Kometen mit kristallinem Staub mehr davon, wäre das eine Bestätigung für die neue Theorie.

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