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News: Steigende Grenze

Simulation um Simulation wird gerechnet, um die Effekte von natürlichen wie menschengemachten Faktoren auf das Weltklima abzuschätzen. Anstatt der oberflächennahen Temperaturen haben sich Forscher nun einmal die Tropopause vorgenommen: jene Grenzschicht, welche die Troposphäre mit dem Wettergeschehen von der Stratosphäre mit der Ozonschicht trennt.
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Wir leben in der Troposphäre, jener Schicht, in der sich unser Wetter abspielt, gekennzeichnet durch mit der Höhe abnehmende Temperatur und Luftdruck. Darüber liegt die deutlich trockenere Stratosphäre, Sitz der schützenden Ozonschicht und zunächst gleichmäßig kalt, bis in den oberen Abschnitten die Temperatur wieder ansteigt. Scharf getrennt sind die beiden Atmosphärenschichten durch die Tropopause, in der sich die Temperatur rapide ändert. Sie zieht sich an den Polen in etwa neun Kilometern Höhe und in den Tropen bis etwa 18 Kilometern Höhe entlang, wobei diese Durchschnittswerte sowohl im Jahresverlauf als auch durch lokale Ereignisse stark schwanken können. Obwohl eine deutlich definierte Grenze, ist sie weder völlig eben noch absolut undurchlässig, sodass Zungen stratosphärischer Luft bis in die Troposphäre durchdringen können und umgekehrt.

In welcher Höhe die Tropopause liegt, ist von der Temperatur abhängig, und das macht diese Grenze interessant für die Klimaforschung. So schieben wärmere Verhältnisse in der Troposphäre, wie sie durch den Treibhauseffekt entstehen können, die Tropopause nach oben. Entgegengesetzt wirkt eine Erwärmung der Stratosphäre, die beispielsweise durch Aerosole aus Vulkanausbrüchen ausgelöst werden kann. Zum Faktorenmix hinzu kommen unter anderem noch die Auswirkungen von schwankender Sonneneinstrahlung und der Einfluss der Ozonkonzentrationen in beiden angrenzenden Schichten.

Alles in allem könnte die Höhe der Tropopause also womöglich als Anzeiger für den menschengemachten Klimawandel dienen. Und da Daten von Satelliten wie von Radiosonden darauf hindeuten, dass sich die Tropopause tatsächlich seit 1979 um hunderte Meter nach oben verlagert hat, versuchten Benjamin Santer vom Lawrence Livermore National Laboratory und seine Kollegen all jene verschiedenen gegensätzlichen oder sich verstärkenden Faktoren in einem Modell zusammenzufassen. Dabei betrachteten sie nicht nur die Gesamtwirkung, sondern auch den Einfluss jedes einzelnen Faktors, und versuchten so, die Hauptursachen für die Höhenverschiebung aufzuspüren.

Die Ergebnisse der Simulation besagen klar, dass vor allem die Temperaturerhöhung aufgrund von Treibhausgasen in der Troposphäre die Grenze in den letzten 20 Jahren um etwa 200 Meter in die Höhe getrieben hat. An zweiter Stelle, mit geringem Abstand, folgt die Verringerung des Ozongehaltes in der Stratosphäre und die dadurch bedingte Abkühlung der oben folgenden Schicht. Interessanterweise lieferte das Modell, in dem alle Faktoren variiert wurden, nahezu dieselben Ergebnisse wie die Summe der einzelnen Rechendurchgänge, bei denen jeweils nur ein Aspekt verändert wurde, während die anderen konstant blieben: Das Ganze ist also nicht mehr als die Summe seiner Teile, es treten offenbar keine sich übermäßig verstärkenden oder hemmenden Effekte auf.

Damit bestätigen die Forscher einmal mehr den Einfluss des Menschen auf das globale Klima, der normalerweise an den oberflächennahen Temperaturen der letzten Jahrzehnte oder Jahrhunderte festgemacht wird. Und sie lenken die Aufmerksamkeit auf einen Prozess, dessen Auswirkungen kaum abzuschätzen sind. Denn die Tropopause selbst spielt eine wichtige Rolle im Klimageschehen, da sie für den Austausch von Luftmassen zwischen der Troposphäre und der Stratosphäre die Grenzstation darstellt. Selbst für unser tägliches Wetter ist sie entscheidend, denn ihr Temperaturgradient ist an der Entstehung von Großwetterlagen entscheidend beteiligt. Was wird geschehen, wenn der Mensch diese scharfe Grenze noch weiter nach oben schiebt?

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