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News: Stempeltransistor

Transistoren aus Kunststoff könnten vielleicht flexiblen Displays und elektronischem Papier zum Durchbruch verhelfen. Bis dahin müssen Wissenschaftler jedoch noch so manche Eigenschaft von organischen Halbleitermaterialien untersuchen - ein Gummistempel könnte dabei helfen.
Feldeffekttransistor
Vor mehr als 50 Jahren wurde er erfunden, und schon kurz danach schickte er sich an, die Elektronik nachhaltig zu revolutionieren: Der Transistor, ein Halbleiterbauelement zur Verstärkung und Steuerung elektrischer Signale, steckt mittlerweile in fast jedem elektronischen Gerät. Allein in einem Pentium-4-Prozessor sorgen unvorstellbare 42 Millionen Transistoren auf 217 Quadratmillimetern für viel Rechenleistung.

Obwohl die Auswahl an Transistoren für die unterschiedlichsten Zwecke riesig ist, lassen sich die Bauelemente grundsätzlich in zwei Arten unterteilen: die bipolaren und die unipolaren Transistoren. Die Unterscheidung erfolgt dabei je nachdem, ob sowohl Elektronen als auch Löcher oder nur eine der beiden Ladungsträgerarten für ihre Funktion notwendig sind.

Der wichtigste unipolare Transistor ist der Feldeffekttransistor – kurz FET –, der gerade in Computer-Chips eine große Rolle spielt. Er besteht aus drei Elektroden – Source, Drain und Gate – einer isolierenden Zwischenschicht und dem leitenden Kanal. Je nachdem, welche Spannung an der Steuerelektrode, dem Gate, anliegt, fließt mal mehr, mal weniger Strom durch den Kanal zwischen der Source- und der Drain-Elektrode. Im Grunde kann man sich das wie einen wasserführenden Schlauch vorstellen, auf dem ein Eimer steht: Ist der Eimer leer, dann kann das Wasser ungehindert fließen. Wenn der Eimer jedoch voll ist, dann drückt sein Gewicht auf den Schlauch und lässt nur noch wenig oder gar kein Wasser mehr passieren.

Das wasserführende Schlauchinnere entspricht beim FET dem leitenden Kanal, Gummimantel und Eimer sind das Pendant zur dünnen Isolatorschicht. Derzeit werden die meisten Transistoren aus dem Halbleiter Silicium gefertigt, wobei eine einfache Oxidschicht für die Isolation sorgt. Doch in Zukunft könnte sich das ändern. Denn reines Silicium ist teuer in der Herstellung und für manche Anwendungsgebiete schlichtweg nicht geeignet. Mit organischen Halbleitern stehen aber seit einigen Jahren viel versprechende Alternativmaterialien in den Startlöchern und werden teilweise bereits verwendet. Doch bevor Kunststoff im großen Stil den Halbleiter Silicium ersetzt, müssen die physikalischen Eigenschaften der Materialien erst noch genauer erfasst und verbessert werden.

Genau damit beschäftigen sich auch Vikram Sundar von den Bell Laboratories und seine Kollegen. Die Forscher prüften auf besonders pfiffige Weise, welchen Einfluss die Orientierung eines Einkristalls auf den Stromtransport hat. Um nicht jedes Mal einen neuen Transistor herstellen und kontaktieren zu müssen, haben Sundar und Co eine Art Stempeltransistor ersonnen, bei dem das Halbleitermaterial zwischen jeder Messung ein wenig gedreht wurde. Die Methode hat zudem den enormen Vorteil, dass das empfindliche Halbleitermaterial – in diesem Fall Rubren (5,6,11,12-Tetraphenylnaphthacen) – nicht durch den rabiaten Herstellungsprozess für einen Transistor in Mitleidenschaft gezogen wird. Aber wie genau darf man sich einen Stempeltransistor vorstellen?

Nun, alle wichtigen Komponenten – vom Halbleiter einmal abgesehen – wurden zunächst peu à peu mit herkömmlichen Methoden auf einen Silikongummi aufgebracht: Zuerst wurde die Gate-Elektrode aus Gold durch eine Maske aufgedampft und dann mit einer isolierenden Kunststoffschicht abgedeckt. Darüber kamen dann die Source- und Drain-Elektrode mit einer schmalen Lücke dazwischen. Fertig war der Stempel. Damit das Ganze nun wie ein Transistor wirkte, musste dieser Gummipfropfen nur gegen den organischen Halbleiter gedrückt werden. Die Van-der-Waals-Wechselwirkung sorgte dann schließlich für genug Zusammenhalt und Kontakt zwischen Gummi und Halbleiter.

Wie die elektrischen Messungen an den drei Kontakten ergaben, legte dieses Kunststoff-Gummipaket tatsächlich mustergültiges Transistorverhalten an den Tag: Je größer die Spannung zwischen Source und Drain, desto mehr Strom floss zwischen den Elektroden – anlog zum Wasserdruck im Schlauch, der auch mehr Nass durch die Leitung transportiert. Und auch der charakteristische Zusammenhang zwischen Gate-Spannung und Stromstärke war gegeben. Soweit hatte sich das Stempelkonzept also schon einmal bewährt. Nun sollte die Methode jedoch ihre eigentliche Stärke unter Beweis stellen: die Messung der Transistoreigenschaften in Abhängigkeit von der Kristallorientierung. Dazu wurde der Stempel immer wieder von dem Kristall abgehoben und etwas verdreht neu aufgesetzt.

Das Vorgehen funktionierte. Und tatsächlich gab es deutliche Unterschiede bei der Beweglichkeit der Ladungsträger, je nachdem, in welche Richtung das Kristallgitter wies. Das aber ist für Transistoren äußerst bedeutsam, bestimmt doch die Beweglichkeit der Ladungsträger maßgeblich, wie schnell sich die Bauelemente später schalten lassen. Immerhin: "Die Beweglichkeit, die wir in diesen Einkristallen gemessen haben, war rund 50- bis 100-mal größer als in sonstigen Dünnfilm-Kunststofftransistoren", weiß John Rogers zu berichten. Da in diesen Transistoren das Halbleitermaterial polykristallin ist, hat Roger hier eine Erklärung parat: "Das Ergebnis deutet an, dass die Streuung an Korngrenzen deutlich die Leistungsfähigkeit von normalen Transistoren beeinträchtigt, und zeigt uns einen Weg auf, diese Bauteile zu verbessern."

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