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News: Stickstoff in Nadelform

Unsere Luft besteht zu 78 Prozent aus Stickstoff. Trotz dieser Fülle kann man Luftstickstoff nicht so ohne weiteres nutzbar machen. Manche Bakterien können ihn fixieren, aber selbst Pflanzen müssen die benötigten Stickstoffverbindungen aus dem Boden aufnehmen. Und das übliche großtechnische Verfahren der Industrie ist sehr aufwendig. Japanische Forscher haben nun aber eine Methode entwickelt, bei der sehr viel 'mildere' Reaktionsbedingungen möglich sind.
Großtechnisch wird Luftstickstoff heute meist auf Basis des Haber-Bosch-Verfahrens in Form von Ammoniak gebunden. Der Hauptteil des Ammoniaks wird zu Düngemitteln weiterverarbeitet. Den Rest braucht die chemische Industrie als Ausgangsbasis für stickstoffhaltige Produkte.

Das Haber-Bosch-Verfahren ist aufwendig, denn es erfordert sehr hohe Drücke und Temperaturen. Unter milden Bedingungen – Raumtemperatur und Normaldruck – läuft dagegen eine neue, ausgesprochen unkonventionelle Methode der Stickstoff-Fixierung ab, die eine japanische Forschergruppe um Katsuyoshi Hoshina entwickelt hat: Auf einer Titanelektrode wird zunächst elektrochemisch eine Titandioxidschicht erzeugt, darauf wird eine weitere Schicht aus einem elektrisch leitfähigen Polymer aufgebracht. Die Beschichtungen sind mit Perchlorat-Ionen dotiert. Dieses Schichtsystem wird einer feuchten Stickstoffatmosphäre ausgesetzt und mit Weißlicht bestrahlt. Abhängig von der Belichtungsstärke wachsen nach einigen Tagen bis Wochen Kristallnadeln aus der Polymermatrix heraus. Die Nadeln wurden als Ammoniumperchlorat identifiziert, einer Stickstoffverbindung, die bereits als Raketentreibstoff bekannt ist (Angewandte Chemie vom Juli 2000).

"Der Mechanismus der Nadelbildung und der Stickstoff-Fixierung ist noch nicht im Detail aufgeklärt", erläutert Hoshino. Soviel scheint allerdings klar: Das Licht erzeugt Ladungen an der Schichtgrenze zwischen Titandioxid und Polymer, die die Reaktion von Stickstoff mit adsorbiertem Wasser zu Ammoniak und Sauerstoff ermöglichen. Parallel entstehen freie Wasserstoff-Ionen, die sich mit Perchlorat-Ionen aus der Polymermatrix zu Perchlorsäure verbinden. In einer Säure-Base-Reaktion bildet sich aus Perchlorsäure und Ammoniak ein Salz: die beobachteten Ammoniumperchlorat-Nadeln.

"Das gängige Verfahren der Fixierung von Stickstoff erfordert harsche Bedingungen. Unsere milde Methode könnte sich daher zu einer interessanten Alternative entwickeln", zeigt sich Hoshino optimistisch.

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