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Vögel: Stinkende Kuckuckskinder bieten Schutz

Kuckuckskinder schaden ihrem Wirt - dieses Vorurteil stimmt nicht immer. Ihre Ausdünstungen kommen auch den Stiefgeschwistern zugute.
Kuckuckskind

Bei Brutparasitismus ist der Fall klar: Kuckucke legen ihre Eier in fremde Nester und lassen ihren Nachwuchs von Wirtseltern großziehen. Diese kümmern sich aufopferungsvoll um die hungrigen Gäste und vernachlässigen dabei die eigene Brut. Oder aber das Kuckuckskind wirft die Eier und Küken seiner Stiefeltern aus dem Nest. So oder so: Die Hoffnung auf eigenen Nachwuchs verringert sich bei den Ausgenutzten teilweise oder sogar ganz. Was beispielsweise für den in Deutschland heimischen Kuckuck (Cuculus canorus) gilt, scheint jedoch für die Häherkuckucke (Clamator glandarius) aus dem Mittelmeerraum nicht zuzutreffen. Das zeigt eine Langzeitstudie von Daniela Canestrari von der Universidad de Oviedo und ihren Kolleginnen in Nordspanien.

Kuckuckskind | Häherkuckuckskinder sind einigermaßen gut verträglich – und werfen den Nachwuchs, der sie aufziehenden Aaskrähen nicht aus dem Nest.

Häherkuckucke legen ihre Eier bevorzugt in die Nester von Rabenvögeln wie Elstern oder Aaskrähen (Corvus corone), doch sinkt deren Bruterfolg durch das zusätzliche Küken nicht – im Gegenteil: Derart in Beschlag genommene Wirtsvögel zogen sogar mehr eigenen Nachwuchs groß als Eltern, die kein Kuckuckskind ernähren mussten. Die Schmarotzer sorgten zwar auch dafür, dass einzelne Küken der Rabenvögel nicht flügge wurden, weil sie durch die Nahrungskonkurrenz beispielsweise verhungerten. Doch entfernten die Fremdvögel nicht die komplette Brut aus dem Nest, so dass ein größerer Teil der Krähenjungen das Erwachsenenalter erreichte.

Darüber hinaus produzierten die Kuckuckskinder aber auch noch einen Duftcocktail aus ätzend und abschreckend riechenden flüchtigen Substanzen – darunter verschiedene Säuren, Benzopyrrol, Phenole und schwefelhaltige Verbindungen. Dieser Mix hält offensichtlich Fressfeinde wie verwilderte Hauskatzen oder Greifvögel erfolgreich fern, während kuckuckslose Nester ohne diesen Schutz häufiger geplündert werden: Der Verlust ist dann meist total. Selbst bei hohem Beutegreiferdruck könne der Bestand an Wirtsvögeln also noch wachsen, wenn ausreichend starker Brutparasitismus stattfindet, meint daher Canestrari. Man müsse daher vielleicht neu die Grenzen zwischen Parasitismus, Kommensalismus und Mutualismus, also eine für beide hilfreiche Beziehung, neu ziehen. Zumindest die Häherkuckucke nutzen ihren Wirt nicht nur aus, sondern nützen ihm letztlich auch.

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  • Quellen
Science 343, S. 1350–1352, 2014

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