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Stoffwechsel: Wer im Winter gezeugt wurde, ist tendenziell schlanker

Die Jahreszeit, zu der ein Mensch gezeugt wurde, prägt seinen Stoffwechsel und die Aktivität der braunen Fettzellen. Ausschlaggebend sind hierbei wohl die Väter: Die jahreszeitliche Außentemperatur beeinflusst das Epigenom der Spermien.
Schematische Darstellung der Befruchtung: Mehrere Spermien schwimmen auf eine große Eizelle zu, die zentral im Bild platziert ist. Die Eizelle leuchtet in einem hellen Blau, während der Hintergrund in dunklen Tönen gehalten ist. Dieses Bild veranschaulicht den Prozess der menschlichen Fortpflanzung.
Es besteht ein Zusammenhang zwischen Zeugungsperiode und Aktivität der braunen Fettzellen beim Nachwuchs. Vermutlich liegt des Rätsels Lösung in den Spermien des Vaters.

Das, was vor unserer Geburt passiert, hat einen großen Einfluss auf unsere lebenslange Gesundheit. So prägen Stress während der Schwangerschaft oder auch Übergewicht der Eltern, das Gehirn beziehungsweise den Stoffwechsel der Kinder. Selbst meteorologische Faktoren zum Zeitpunkt unserer Zeugung spielen eine Rolle: Sie bestimmen, wie sehr wir zu Übergewicht neigen. Zu diesem Ergebnis kommen Takeshi Yoneshiro von der University of Tokyo und sein Team in der Fachzeitschrift »Nature Metabolism«.

Die Fachleute untersuchten knapp 400 junge Männer aus Japan, die im Schnitt 23 Jahre alt waren. Auf der Grundlage ihres Geburtstags wurden sie in zwei Gruppen unterteilt: Mitglieder der einen waren in einer warmen Jahreszeit (16. April bis 16. Oktober) gezeugt worden, die übrigen in einer kälteren (17. Oktober bis 15. April). Mit Hilfe einer Kombination aus Positronenemissionstomografie (PET) und Computertomografie (CT) maß die Gruppe um Yoneshiro die Aktivität von braunen Fettzellen, nachdem die Probanden zwei Stunden lang kühlen Temperaturen von 19 Grad Celsius ausgesetzt waren. Braune Fettzellen werden bei Kälte aktiv und helfen dabei, die Körpertemperatur konstant zu halten. Dafür wandeln sie kalorienreiche Nährstoffe in Wärme um. Eine hohe Aktivität schützt vor Übergewicht und Stoffwechselerkrankungen. Dadurch unterscheiden sie sich von dem weißen Fettgewebe, das lediglich Energie speichert.

Basierend auf diesen Voruntersuchungen bildeten die Forschenden wieder zwei Kohorten: eine mit sehr aktiven braunen Fettzellen und eine mit weniger aktiven. Das Ergebnis: Unter den in der kühlen Jahreszeit gezeugten Männern gab es signifikant mehr Individuen, bei denen die Kälte das braune Fettgewebe stark aktivierte (87 Prozent), als in der Gruppe, deren Teilnehmer in einer wärmeren Periode gezeugt worden waren (66 Prozent). Die Fettzellaktivität korrelierte nicht mit dem Geburtstermin.

Um herauszufinden, ob die Effekte auf andere Bevölkerungsgruppen übertragbar sind, rekrutierten die Experten weitere 300 Freiwillige – dieses Mal Männer und Frauen zwischen 20 und 78 Jahren. Wie auch schon bei der ersten Kohorte, zeigte sich ein eindeutiger Zusammenhang zwischen Zeugungsperiode und Aktivität der braunen Fettzellen. Auch hatten jene, die in der kälteren Jahreszeit gezeugt worden waren, einen geringeren Body-Mass-Index (BMI), einen geringeren Körperfettanteil, weniger viszerales Fett und eine schmalere Taille.

Epigenetische Veränderungen in den Spermien

Weitere Analysen ergaben, dass vor allem eine niedrigere Umgebungstemperatur und größere tageszeitliche Temperaturschwankungen in der Zeit vor der Empfängnis entscheidend für die spätere Fettzellaktivität sind. Luftfeuchtigkeit, Anzahl der Sonnenstunden und Tageslänge hatten hingegen keine Wirkung.

Interessanterweise spielte die Temperatur während der Schwangerschaft keine Rolle. Die Ergebnisse untermauern eine 2018 veröffentlichte Studie der ETH Zürich, in der die Jahreszeit der Empfängnis mit der Aktivität des braunen Fettgewebes und dem BMI der Nachkommen in Verbindung gebracht wurde. Das Züricher Team konnte außerdem an Mäusen zeigen, dass der Effekt nur bei männlichen Tieren besteht. Experimente ergaben, dass vermutlich ein epigenetischer Mechanismus dahintersteckt – so löste kältebedingter Stress eine Methylierung der DNA in den Spermien der Versuchstiere aus.

  • Quellen
Yoneshiro, T. et al.: Pre-fertilization-origin preservation of brown fat-mediated energy expenditure in humans. Nature Metabolism, 2025

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