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England: Stonehenge – ein 4300 Jahre altes Pilgerzentrum?

Seit dem frühen 19. Jahrhundert untersuchen Wissenschaftler die eindrucksvollen Steinkreise im Süden Englands. Nun stellten Archäologen fest, dass sie 200 Jahre jünger sind, als bislang angenommen. Daraus ergeben sich auch neue Hinweise auf die Bedeutung der prähistorischen Anlage: Wahrscheinlich war sie ein Wallfahrtsort für Kranke.

Die Forscher um Tim Darvill von der Bournemouth University datierten die älteste Bauphase des vorgeschichtlichen Kultplatzes, indem sie organisches Material aus den Sockellöchern der tonnenschweren Monolithen untersuchten. Das Ergebnis: Die ersten Steine wurden um 2300 v. Chr. errichtet. "Das sind die allerersten exakten Daten, die wir für einen Bauabschnitt in Stonehenge haben. Vorher gingen wir von einem Alter von mindestens 4500 Jahren aus", kommentiert Darvill.

In der Umgebung der Anlage hatten Archäologen in den letzten Jahren bereits eine Vielzahl von Gräbern gefunden, die aus derselben Zeit – etwa 2300 v. Chr. – stammen. Auffällig viele der jungsteinzeitlichen Skelette waren von schweren Krankheiten oder Verletzungen gezeichnet. Bisher sah man jedoch keinen direkten Zusammenhang zwischen den Erkrankten und dem Monumentalbau. Erst dessen Umdatierung veranlasste Darvill zu einer neuen Theorie: Stonehenge war im dritten Jahrtausend v. Chr. ein überregionaler Wallfahrtsort, der Pilgern Genesung versprach, ähnlich dem heutigen Lourdes.

Die Leidenden kamen teilweise von weit her, über die Hälfte der Bestatteten stammte nicht aus der Region. Der bereits 2002 gefundene, gehbehinderte "Bogenschütze von Amesbury" wuchs beispielsweise in den Alpen auf – für Darvill ein Beleg, dass die "Heilkräfte" der Steinkreise sogar über England hinaus bekannt waren.

Andere Wissenschaftler sehen in der Anlage, die seit 1986 auf der Liste des Weltkulturerbes der UNESCO ist, einen Tempel, eine Erinnerungsstätte zum Gedenken an die Toten, einen steinzeitlichen Kalender oder ein Observatorium.

Robin Gerst

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