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News: Stresshormon verwirrt Gedächtnis

Wer bereits in frühester Jugend großem Stress ausgesetzt ist, verliert einen Teil der zur Gedächtnisspeicherung nötigen Gehirnkapazität. Doch nicht die als Stresshormone bekannten Glucocorticoide sind für den Schaden im Hippocampus zuständig, sondern ein bislang unverdächtiger Vertreter: Das so genannte Corticotropin-releasing-Hormon bringt das Gehirnareal zum Schrumpfen.
Es ist kein Geheimnis mehr, dass Stress in frühster Jugend im späteren Leben mit Einschränkungen in der Gedächtnisleistung und verminderten kognitiven Fähigkeiten bezahlt werden muss. Doch der verursachende Mechanismus war so gut wie unbekannt. Als Hauptverdächtiger galten Steroidhormone, die bestimmte Drüsen als Stressantwort in hoher Konzentration ausschütten. Doch eigentlich konnten diese Hormone nicht der Auslöser sein, da sie normalerweise nicht mit dem Hippocampus interagieren. Denn den dortigen Zellen fehlen die entsprechenden Rezeptoren.

Zur genaueren Untersuchungen der Zusammenhänge injizierte das Team um Tallie Baram von der University of California in Irvine jungen Ratten ein völlig anderes Hormon. Die Tiere, nicht älter als 10 Tage, bekamen eine Dosis des Corticotropin-Releasing-Hormons (CRH) gespritzt, während die Konzentration der Glucocorticoide konstant blieb. Im Alter von drei Monaten sollten die Tiere ihre Gedächtnisleistung dann unter Beweis stellen, indem sie bestimmte Objekte wiedererkennen sollten. Doch im Vergleich zu stressfrei aufgewachsenen Tieren lieferten die behandelten Ratten eine denkbar schlechte Vorstellung. Und ihr Erinnerungsvermögen besserte sich nicht etwa im Alter, sondern verschlimmerte sich sogar. Mit sechs und zehn Monaten waren ihre Leistungen noch schlechter.

Als die Wissenschaftler einen Blick ins Gehirn der gestressten Tiere warfen, zeigte sich der Grund für das schlechte Abschneiden: Im Hippocampus fehlten wichtige Nervenzellen, die so genannten Pyramidenzellen. Sie tragen auf ihrer Oberfläche einen reichen Besatz von Rezeptoren für das verursachende Hormon. So könnten die Zellen durch den Hormonkontakt permanent aktiviert worden sein, was sie mit Verletzungen und letztendlich ihrem Absterben kommentierten. Auch erstaunlich für die Forscher war die langfristige Wirkung der Hormongabe. Denn die jungen Ratten hatten lediglich eine einzige Injektion erhalten, aber Zelltod im Hippocampus und Gedächtnisprobleme verschlimmerten sich noch im Alter.

Nun, da der Verursacher feststeht, hoffen die Forscher, ihren jungen Stressopfern besser helfen zu können. So könnten sich neue Behandlungen für vernachlässigte oder missbrauchte Kinder vielleicht darauf richten, die Konzentration von CRH konstant zu halten.

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