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Verheerende Fluten: Welche Faktoren zur Katastrophe in Texas führten

Mehr als 80 Menschen starben am Guadalupe River. Es war keineswegs die erste schwere Flut in der Region. Begünstigte der Klimawandel die Katastrophe – oder war es einfach Pech?
Luftaufnahme einer überfluteten Landschaft in Texas am Guadalupe River mit mehreren Häusern und Fahrzeugen, die im Wasser stehen. Bäume ragen aus dem Wasser heraus, während die Umgebung von braunem Hochwasser bedeckt ist. Im Vordergrund ist ein Haus mit braunem Dach zu sehen, daneben ein Wohnwagen.
Um mehr als sieben Meter binnen kurzer Zeit stieg der Guadalupe River an einigen Stellen der betroffenen Region. Mitten in der Nacht wurden tief liegende Gebiete zur Todesfalle.

Inzwischen mehr als 80 Menschen starben bei den verheerenden Sturzfluten am Oberlauf des Guadalupe River in Zentraltexas, über 40 weitere werden derzeit vermisst. Mehr als 1000 Helferinnen und Helfer suchen noch nach Vermissten, während weiterer Regen in Teilen der Region angekündigt ist. Mittlerweile wird klarer, dass nicht eine einzige Ursache hinter der Katastrophe steckt. Neben dem Wetter und der Geografie der betroffenen Region spielte auch der Zeitpunkt der Flut eine große Rolle für die enorme Opferzahl.

Die Sturzfluten vom 4. und 5. Juli 2025 sind allerdings keineswegs beispiellos in der Geschichte der Region. Der Guadalupe River ist bekanntermaßen anfällig für katastrophale Sturzfluten; er entspringt im zerklüfteten Hill Country, einer Region, in der die Ebenen des Südens der USA in den höher gelegenen Südwesten übergehen. Das Land steigt hier auf kurzer Strecke um rund 200 Meter an. Südlich liegt der warme Golf von Mexiko, eine bedeutende Quelle feuchter Luftmassen, die an den Hügeln aufsteigen und abregnen. Zusätzlich neigen tropische Stürme vom Meer dazu, über Land langsamer zu werden und mehr Regen in kleineren Gebieten zu erzeugen.

Im Lauf des Freitags brachte ein schwerer Sturm ungewöhnlich viel Regen, bis zu 300 Liter Wasser pro Quadratmeter fielen binnen weniger Stunden in der Region. Die Berge bestehen aus Kalkstein und Granit, die Böden dort sind dünn. Eine anhaltende Dürre hatte zuvor die Oberfläche noch undurchlässiger gemacht, so dass das Wasser direkt in die schmalen Flusstäler strömte.

Zwei Faktoren verstärkten die Regenfälle. Zum einen liegt der Jetstream weiter nördlich als sonst. Normalerweise trägt der Höhenwind Sturmsysteme und feuchte Luft schnell Richtung Osten und begrenzt die Niederschläge. Am 3., 4. und 5. Juli jedoch konnte sich der Sturm über einen langen Zeitraum über einem relativ begrenzten Gebiet abregnen. Zum anderen hat der Klimawandel die abregnende Wassermenge vermutlich erheblich erhöht. Der Golf von Mexiko ist durch die globale Erwärmung inzwischen nahezu durchgehend mehrere Grad wärmer als im 20. Jahrhundert, entsprechend verdunstet mehr Wasser und die wärmere Luft nimmt mehr Feuchtigkeit auf. So werden besonders kurze, lokale Starkregenereignisse tendenziell heftiger.

Fachleute maßen zum Zeitpunkt der Regenfälle Rekordwerte an Feuchtigkeit in der Atmosphäre; deswegen ist plausibel, dass der Klimawandel zum Starkregen beitrug. Allerdings ist er sicher nicht die Hauptursache der Flutkatastrophe; vielmehr ist er einer von mehreren Faktoren, die zum Unglück führten. Vergleichbare Situationen treten im Hill Country immer wieder auf. Mehr als ein Dutzend großer Fluten verzeichneten die Behörden seit 1978, als bei schweren Überschwemmungen 33 Menschen starben.

So lief am 4. Juli 2002 während anhaltender heftiger Regenfälle der Canyon-Lake-Stausee am Guadalupe River über und verursachte schwere Überschwemmungen am Unterlauf. Während der Flut fielen in weiten Teilen der Region mehr als 500 Liter pro Quadratmeter Regen – allerdings über mehrere Tage. Am 3. und 4. Juli 2025 dagegen fielen pro Stunde bis zu 100 Liter pro Quadratmeter auf die Hügel am Oberlauf des Guadalupe. Die Fluten sammelten sich im Flusstal und ließen den Pegel laut Berichten an einigen Stellen um bis zu sieben Meter in weniger als einer Stunde steigen. Besonders verheerend wirkte sich dabei aus, dass die Flutwelle ihren Gipfel in den frühen Morgenstunden erreichte, als viele Menschen, vor allem in den Feriencamps an den Nebenflüssen des Guadalupe River, noch schliefen.

Unklar ist zu diesem Zeitpunkt noch, ob Behörden und die Betreiber von Feriencamps früher hätten reagieren müssen. Wetterdienste und Behörden veröffentlichten erste Hinweise auf lokale heftige Regenfälle und mögliche Sturzfluten bereits am Mittwoch; am Donnerstag benachrichtigte der Katastrophenschutz Gemeinden in der Region. In der wenig besiedelten Region sind Evakuierungen jedoch schwierig und oft auch selbst gefährlich – viele Straßen führen durch Flusstäler, so dass Menschen womöglich in eine sich entwickelnde Flut hineinfahren könnten. Zusätzlich war zu jenem Zeitpunkt noch keineswegs klar, wo und in welchem Ausmaß Regen fallen würde. Erst Freitagnacht und am Morgen erschienen eindeutige Warnungen vor der Gefahr. Da war es allerdings schon zu spät.

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