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Meeresforschung: Süßwassereinstrom in den Nordatlantik quantifiziert

In einigen Regionen des Atlantiks beobachten Forscher seit Jahren einen sinkenden Salzgehalt durch verstärkt einströmendes Süßwasser von schmelzenden Gletschern und höheren Niederschlägen. Ruth Carry vom ozeanografischen Institut Woods Hole und Cecilie Mauritzen vom norwegischen Meteorologischen Institut haben den Eintrag nun quantifiziert: In den Jahren zwischen 1965 und 1995 sind demnach etwa 19 000 Kubikkilometer Süßwasser zusätzlich in das Europäische Nordmeer geströmt. Das entspricht dem Dreifachen der jährlichen Schüttung des Amazonas.

Topografische Karte des Nordmeers | Eine topografische Karte des Europäischen Nordmeers und der Subpolarbecken. Oberflächenströmungen sind mit durchgehenden Pfeilen gekennzeichnet, Tiefenströmungen mit unterbrochenen. Die Farbe gibt in etwa die Temperatur der Strömungen wieder.
Die Wissenschaftlerinnen werteten zahlreiche Daten von Forschungsschiffen und Messstationen aus, die ständig in verschiedenen Tiefen Temperatur, Salzgehalt und Druck erfassen. Dabei stellten sie unter anderem fest, dass etwa die Hälfte des zusätzlichen Süßwassereinstroms in den späten 1960er Jahren durch die Framstraße das Nordmeer erreichte und sich schnell südlich bewegte.

In einem durchschnittlichen Jahr fließen etwa 5000 Kubikkilometer Süßwasser aus der Arktis via Ost- und Westgrönland in den Nordatlantik. Ein verstärkter Eintrag von Süßwasser könnte durch seine Auswirkungen auf die Dichte des Wassers das globale Förderband der Meereszirkulation beeinträchtigen, das warmes Oberflächenwasser von den Tropen in den Norden transportiert, wo es absinkt und in der Tiefe zurückströmt. Diese Strömungen sind verantwortlich für das milde Klima von Irland bis Nordeuropa – würde sich die Strömung abschwächen oder ganz erliegen, hätte dies drastische klimatische Folgen.

Die globale Erwärmung könnte aber durch schneller abschmelzende Gletscher und verstärkte Niederschläge den Einstrom von Süßwasser beschleunigen. Bis sich ein solcher Effekt zeigt, dürften nach Simulationen der Forscherinnen noch hundert Jahre vergehen. Denn es kommt darauf an, in welchen Meeresbecken und welchen Tiefen sich die Süßwassermengen sammeln. So hatte sich der massive Einstrom Ende der 1960er Jahre nicht ausgewirkt, weil das Süßwasser in Gebiete verfrachtet wurde, die für die Zirkulation nicht relevant sind.

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