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Biochemie: Sumpf in den Baumkronen

Epiphyten, Bromelien
Zu den Merkmalen tropischer Regenwälder gehört der dichte Wuchs von Bromelien, Orchideen und Farnen in den Kronen hoher Bäume. Doch diese Epiphyten genannten Aufsitzerpflanzen steigern nicht nur die Artenvielfalt des Ökosystems: Vor allem trichterförmige Bromelien – baumbewohnende Verwandte der Ananas – geben große Mengen Methan an die Atmosphäre ab, wie nun eine Arbeit des Waldökologen Guntars Martinson von der Universität Göttingen und seiner Kollegen zeigt.

Bromelie | Trichterbromelien speichern wegen ihrer Wuchsform viel Wasser und bilden dadurch eine Art Minifeuchtgebiet in Baumkronen und an Baumstämmen.
Das Kronendach tropischer Berg- und Tieflandregenwälder ist ein extremer Lebensraum: Die Epiphyten müssen unter anderem mit stark schwankenden Klimabedingungen und Nährstoffmangel zurechtkommen. Viele Bromelien entwickelten daher eine runde Trichterform, die Regenfälle und mit Wind sowie Wasser eingetragene Nährstoffe einfangen und damit für die Pflanze verfügbar machen. Vielfach bilden diese Tümpel im Miniaturformat ein eigenes Ökosystem, in dem beispielsweise Frösche, Insekten und Mikroorganismen leben und sich fortpflanzen. Nachdem den Forschern bei ihren Freilandstudien im Süden Ecuadors ein modriger Gärungsgeruch über den Gewächsen aufgefallen war, begannen sie dort mit Methanmessungen.

Über allen der von ihnen untersuchten 167 Bromelien konnten sie schließlich das Treibhausgas nachweisen, das in den Trichtern lebende Archeen produzieren. Zumeist war das gespeicherte Wasser mit Methan übersättigt, das die Pflanzen in gelöster Form aufnehmen und über ihre Blätter an die Umwelt abgeben – direkt aus den Pools steigt dagegen relativ wenig Gas auf. Insgesamt überstieg die Produktion bei Weitem die Aufnahme des Faulgases im Ökosystem.

Epiphyten | Die Baumkronen tropischer Regenwälder bilden eigene kleine Ökosysteme, in denen ein großer Teil der Artenvielfalt der Region lebt und wächst. Die Epiphyten bieten zum Beispiel Amphibien, Insekten und Mikrorganismen ein Zuhause.
Erst vor wenigen Jahren hatten Forscher mit Hilfe von Satellitendaten gezeigt, dass die Methankonzentrationen über tropischen Regenwäldern deutlich höher liegen, als bis dahin bekannt war. Begründet wurde dieses Muster zum Teil mit der Aktivität von Termiten und den Emissionen von Rindern, die auf brandgerodeten Weiden grasten. Sie boten allerdings keine Erklärung, warum das Methan auch über unberührten Naturgebieten hochkonzentriert auftauchte. Pro Hektar Bergregenwald können allerdings zwischen 25 000 und 78 000 Bromelien wachsen, die nach den Berechnungen von Martinson und Co jeden Tag mindestens 3,6 Gramm Methan pro Hektar produzieren. Angesichts der Dimensionen des Amazonasraums könnten die Epiphyten also eine bislang unterschätzte Rolle als Gasproduzenten spielen – und ihre Entdeckung sollte die Suche nach weiteren versteckten Quellen antreiben. (dl)

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  • Quellen
Martinson, G. et al.: Methane emissions from tank bromeliads in neotropical forests. In: Nature Geoscience 10.1038/ngeo980, 2010.

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