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Kosmologie: Super-Supernova ist eigentlich hungriges Schwarzes Loch

Die hellste aller bisher beobachteten Supernovae war gar keine: Ein längerer Blick auf einen fernen Lichtblitz lässt vermuten, dass hier Bruchstücke eines auseinandergerissenen Sterns in einem gigantischen Schwarzen Loch verenden.
Stern stürzt in Schwarzes Loch

Wenn ein gigantisches, rotierendes Schwarzes Loch einen zu nahe gekommenen Stern zerreißt und sich nach und nach die Bruchstücke einverleibt, dann zündet es nebenbei ein Feuerwerk, das bis in ferne Galaxien zu beobachten ist. Dort können Beobachter dann vom plötzlichen, ungemein grellen Lichtblitz verwirrt sein – so wie die Astronomen, die im Jahr 2015 das Ereignis ASASSN-15lh im Rahmen des Beobachtungsprogramm All-Sky Automated Survey for SuperNovae (ASAS-SN) notiert hatten, einem Netzwerk kleinerer Teleskope in Chile und auf Hawaii, das auffallende Helligkeitsveränderung aufzeichnet. ASASSN-15lh war ein derart einsamer Spitzenwert, dass die Astronomen ihn zunächst einmal provisorisch als Supernova klassifizierten. Der Lichtblitz war allerdings zehnmal heller als unsere gesamte Galaxie und doppelt so hell wie alle bis zu diesem Zeitpunkt je beobachtete Supernovae-Ausbrüche und ereignet sich zudem in einer unpassend alten Galaxie ohne supernovagefährdete Sterne.

Aus diesen Gründen haben argwöhnische Astronomen um Giorgos Leloudas die Nachwehen von ASASSN-15lh zehn Monate lang mit dem Hubble Space Telescope, der Swift Gamma-Ray Burst Mission and verschiedenen Teleskopen am Boden nicht aus dem Auge gelassen, um weitere Daten zu sammeln. Nun glauben sie, Belege für die alternative Erklärung gefunden zu haben: Eben keine Supernova, sondern der allmähliche Tod eines Sterns im gigantischen Schwerefeld eines Schwarzen Loches steckt hinter ASASSN-15lh.

Gegen eine Supernova sprechen eine Reihe von Indizien, so das Team um Leloudas: Zum einen zeigten Aufnahmen von Hubble, dass der Lichtblitz sich nahe dem Zentrum der fernen Galaxie ereignet hat, Supernova explodieren dagegen häufiger in den jüngeren Sternbildungsregionen weiter außen. Zudem flackerte der Lichtblitz auf eine für Supernovae untypische Weise über Wochen – und wies zudem ein Lichtwellenspektrum auf, das auf einen mittelalten, nicht besonders massereichen Stern als Ursache schließen lässt. Solche Exemplare werden allerdings nicht zur Supernova. Die aus der Beobachtung der Fake-Supernova gewonnenen Daten deuten darauf hin, dass der helle Lichtblitz auf ein sogenanntes Tidal Disruption Event zurückzuführen ist, bei dem Gravitationskräfte einen Himmelskörper auseinanderreißen, der der Gravitationsquelle zu nahe gekommen ist. Solche Ereignisse sind recht selten – Astronomen zählen bislang gerade einmal zehn –, sie sorgen aber für Effekte, die gut zu den Beobachtungen bei ASASSN-15lh passen.

Das Schwarze Loch in der ASASSN-15lh-Galaxie ist ein gigantisches Massemonster von mehr als 100 Millionen Sonnenmassen, das einen Stern wahrscheinlich so rasch hinter den Ereignishorizont ziehen würde, dass wir vom gesamten Vorgang gar nichts mitbekommen. Dies gilt allerdings nicht, wenn es rotiert, beschreiben Leloudas und Kollegen: Dann würde ein naher Stern allmählich in Spiralen abstürzen, was Zeit genug lässt, nach und nach Bruchstücke ins Loch zu reißen – was dann Lichtblitze verusachen dürfte. Statt eines Supernova-Rekords wäre ASASSN-15lh damit der spektakuläre erste Nachweis eines rotierenden, extrem massereichen Schwarzen Lochs. Weitere Beobachtungen sollen die Schlussfolgerung nun absichern. Am Ende lassen sie es womöglich sogar zu festzustellen, wie rasch das Schwarze Loch tatsächlich rotiert, hoffen die Astronomen.

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