Tierische Intelligenz: Superhunde können ihre Spielzeuge in Kategorien einteilen

Arya, ein sechsjähriger Border Collie aus Italien, kann den Namen eines neuen Spielzeugs lernen, nachdem dieser lediglich ein- oder zweimal erwähnt wurde. Ihre Besitzer sagen, dass sie sogar die Namen ihrer Lieblingsspeisen kennt; wenn Pizza auf dem Speiseplan steht, darf das Wort daher nur geflüstert werden. Aryas Begabung machte sie zu einer perfekten tierischen Probandin für eine neue Studie im Fachmagazin »Current Biology«, die zeigt, dass einige Hunde mit einem ungewöhnlich großen Wortschatz mehr können, als nur Namen auswendig zu lernen.
Für die Untersuchung brachten die Halter von zehn besonders sprachbegabten Hunden – zumeist Border Collies – den Tieren Wörter für zwei Kategorien von Spielzeugen bei: Zerrspielzeuge, die die Besitzer als »Pulls« bezeichneten (abgeleitet vom englischen Wort für »ziehen«) und Apportierspielzeuge, »Throws« genannt (von Englisch »werfen«). Alle Spielzeuge unterschieden sich in Größe, Form und Farbe, sodass das Aussehen keinen Einfluss auf das Lernen hatte.
Nach vier Wochen Training bekamen die Hunde neue Spielzeuge präsentiert, die weder wie typische Zerr- noch wie typische Apportierspielzeuge aussahen. Diesmal lernten die Tiere beim Spielen nur die Funktion des jeweiligen Spielzeugs kennen (entweder Zerren oder Apportieren), jedoch keinen Namen. Nach einer Woche Spielzeit wählten die Hunde, wenn sie aufgefordert wurden, ein Zerr- oder Apportierspielzeug zu holen, in zwei Dritteln der Fälle die richtige Kategorie.
»Diese Hunde mit einem Talent für das Lernen von Wörtern sind nicht nur dazu in der Lage, sich die Bezeichnungen vieler verschiedener Objekte zu merken. Sie können auch bereits bekannte Wörter auf andere Objekte mit der gleichen Funktion übertragen, selbst wenn diese deutlich anders aussehen«, sagt die Hauptautorin der Studie Claudia Fugazza, eine Ethologin an der Eötvös-Loránd-Universität in Ungarn. Fugazza betont, dass diese Tiere eine Ausnahme sind; die meisten Familienhunde bauen nie einen solchen Wortschatz auf.
Der Sprachwissenschaftlerin Elika Bergelson von der Harvard University zufolge verlassen sich menschliche Kleinkinder hauptsächlich darauf, wie Dinge aussehen. Ab einem Alter von 14 Monaten können sie aber auch die Rolle oder Funktion nutzen, um Begriffe auf neue Dinge zu übertragen, ähnlich wie es die Hunde in der Studie taten. Im Alltag gehen Funktion und Aussehen meist Hand in Hand: So haben Tassen beispielsweise eine gemeinsame Grundform, mit der sie Flüssigkeit gut aufnehmen können. »Anders als im echten Leben, wo Seile zum Ziehen und Bälle zum Werfen geeignet erscheinen, isoliert diese Studie die Funktion«, erklärt Bergelson, die selbst nicht an der Untersuchung beteiligt war. Nähme man visuelle Hinweise aus der Gleichung heraus, könnte man sauber untersuchen, wie das Verständnis für Kategorien bei verschiedenen Arten entsteht.
Zu Hause ist Arya mit ihren Lieblingssuchspielen beschäftigt, ohne sich ihrer Superkräfte bewusst zu sein. »Da diese Hunde in Familien leben und Wörter auf natürliche Weise aufschnappen«, sagt Fugazza, »könnte die Parallele zum frühkindlichen Lernen Wissenschaftlern einzigartige Möglichkeiten bieten, um zu erforschen, wie sich sprachbezogene Fähigkeiten einst entwickelten – und wie sie bei Spezies entstehen können, die eigentlich über keine Sprache verfügen.«
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