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Exotische Strukturen: Superkaltes Wasser besteht aus zwei Flüssigkeiten

Zwei unterschiedliche Strukturen und ein bisher unbekannter kritischer Punkt : Die Physik des Wassers bietet bis heute überraschende Entdeckungen.
Wasser

Experimentelle Daten an minus 50 Grad kalten Wassertropfen bestätigen eine theoretische Vorhersage: Unterkühltes flüssiges Wasser existiert in zwei unterschiedlichen Strukturvarianten, von denen eine dichter ist als die andere und bei höheren Drücken auftritt. Wie eine Arbeitsgruppe um Anders Nilsson von der schwedischen Universität Stockholm in »Science« berichtet, verrieten sich die beiden unterschiedlichen Flüssigkeiten anhand ihrer thermodynamischen Eigenschaften. Das Team erzeugte winzige Tropfen unterkühlten flüssigen Wassers und maß mit Hilfe von Röntgenstreuung die isotherme Kompressibilität und die Korrelationslänge in der Flüssigkeit abhängig von Druck und Temperatur. Die Daten zeigen, dass bei tiefen Temperaturen zwei Phasen flüssigen Wassers existieren, die an einem kritischen Punkt ununterscheidbar werden – wie Wasser und Dampf am bekannten kritischen Punkt von 374,1 Grad Celsius und 221 Bar.

Flüssiges Wasser besitzt bei tiefen Temperaturen einen zweiten kritischen Punkt. Das schließen Nilsson und sein Team aus einer Besonderheit der Thermodynamik sehr kalten Wassers: Sie spürten im Phasendiagramm eine Widom-Linie auf – quasi den Geist eines Phasenüberganges. Die Abfolge von Druck- und Temperaturwerten, an denen eine Phase in die andere übergeht, bildet eine Linie, die im kritischen Punkt endet. Danach sind beide Phasen ununterscheidbar, doch sorgfältige Messungen zeigen, dass auch jenseits des kritischen Punktes die Korrelationslänge in der Flüssigkeit entlang der Fortsetzung dieser Linie maximal ist.

Eine solche Linie beweist wiederum die Existenz des kritischen Punktes und damit zweier unterscheidbarer Phasen. Die beiden Strukturen unterscheiden sich darin, wie Gruppen von jeweils fünf Wassermolekülen – ein Molekül mit vier Nachbarn – untereinander interagieren. In der weniger dichten Phase sind diese Pentamere quasi Kante auf Kante miteinander verbunden. Steigt der Druck, geht das unterkühlte Wasser in eine Struktur über, in der die Pentamere um 90 Grad gegeneinander gedreht und ineinandergeschoben sind, so dass sie weniger Raum einnehmen.

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