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Künstliche Elemente: Superschwere Atome erstmals in chemischen Reaktionen beobachtet

Mit einem neuen Verfahren kann man die Chemie künstlicher schwerer Elemente direkt beobachten. In solchen Atomen bewegen sich Elektronen am Kern fast mit Lichtgeschwindigkeit. Solche Studien geben Aufschluss über das Verhalten von Materie unter Extrembedingungen.
Die Abbildung zeigt eine künstlerische Darstellung von Molekülen im Weltraum. Im Zentrum befindet sich eine große, blaue Kugel, die von kleineren Molekülmodellen umgeben ist. Diese bestehen aus roten, weißen und grünen Kugeln, die chemische Elemente symbolisieren. Der Hintergrund ist sternenübersät und deutet die Weite des Universums an.
Bereits die sehr einfachen Reaktionen schwerer Elemente mit Wasser (H2O) oder Stickstoff (N2) können wichtige Hinweise auf das Verhalten ihrer Elektronen unter Extrembedingungen geben.

Die schwersten chemischen Elemente tanzen aus der Reihe. Während im übrigen Periodensystem übereinanderstehende Elemente chemisch grundlegend ähnlich sind, bricht diese Beziehung ungefähr um Element 90 herum zusammen. Radium verhält sich noch ähnlich wie das darüberstehende Barium. Doch was dann passiert, ist bisher weitgehend unklar. Die meisten dieser seltsamen, extrem schweren Elemente müssen Atom für Atom künstlich erzeugt werden, entsprechend wenig ist über sie bekannt. Mit einem neuen Verfahren jedoch bringen Fachleute um Jennifer L. Pore vom Lawrence Berkeley National Laboratory nun etwas Licht ins Dunkel. Wie die Arbeitsgruppe in der Fachzeitschrift »Nature« berichtet, ließ sie einzelne Atome von Actinium und Nobelium in einem Gas mit Stickstoff (N2) und Wasser (H2O) reagieren und identifizierte anschließend die dabei entstandenen Moleküle. Es ist der erste direkte Nachweis chemischer Reaktionen von einzelnen künstlich erzeugten Atomen superschwerer Elemente.

Der vermutlich wichtigste Grund, warum sich superschwere Elemente chemisch anders verhalten als ihre leichteren Verwandten, ist vermutlich die Relativitätstheorie. Solche Atomkerne tragen extrem viel elektrische Ladung; die Elektronen werden näher an den Kern gezogen, und durch den kleineren Aufenthaltsbereich steigt ihre Geschwindigkeit auf annährend Lichtgeschwindigkeit. Durch die relativistische Massenzunahme werden sie schwerer. Dadurch spielen auch quantenmechanische Effekte und Wechselwirkungen zwischen den Elektronen, die man normalerweise vernachlässigen kann, eine immer größere Rolle. Das beeinflusst die Energieniveaus der jeweiligen Elektronenschalen - und die wiederum bestimmen darüber, wie ein Element chemisch reagiert.

Dadurch erlaubt das chemische Verhalten von Elementen wie Nobelium einen Blick auf Materie bei relativistischen Geschwindigkeiten in starken elektromagnetischen Feldern, wobei möglicherweise Effekte auftreten, die man normalerweise nicht beobachtet. Entsprechend spannend ist die Chemie der superschweren Elemente. Mit Hilfe des Einzelatomverfahrens identifizierte das Team um Pore eine ganze Reihe von Molekülen wie [No(H2O)5]2+, [No(H2O)(N2)]2+ oder [Ac(H2O)(N2)2]2+, deren Unterschiede erste Hinweise auf das allgemeine chemische Verhalten geben. Vor allem aber zeigen die Experimente einen Weg, die chemischen Reaktionen und damit das merkwürdige Verhalten der Materie unter extremen Bedingungen auch in anderen superschweren Elementen direkt zu untersuchen.

Das interaktive Periodensystem der Elemente auf »Spektrum.de«

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  • Quellen
Pore, L. et al., Nature 10.1038/s41586–025–09342-y, 2025

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