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News: Supraleitende DNA

Leitet sie, oder leitet sie nicht? Bislang waren sich Wissenschaftler nicht so sicher, ob in der Erbsubstanz DNA auch Stromtransport möglich ist. Nun hat eine Arbeitsgruppe in Frankreich nicht nur gezeigt, dass durch die Moleküle sehr wohl Strom fließen kann, sondern dass sogar unterhalb von einem Kelvin Supraleitung einsetzt - die DNA also ihren elektrischen Widerstand gänzlich verliert.
Die Hinweise, dass DNA-Moleküle elektrisch leitfähig sind, waren bislang nicht sonderlich überzeugend. Optische Experimente zeigten zwar, dass Ladungstransport grundsätzlich möglich sein sollte, aber Messungen der Leitfähigkeit brachten sehr unterschiedliche Ergebnisse: Teilweise sah es so aus, als ob DNA leiten könnte; es gab aber auch Forschergruppen, die das Gegenteil feststellten, nämlich dass DNA ein Isolator ist.

Alik Kasumov und seine Kollegen vom Laboratoire de Physique des Solides in Frankreich fanden nun heraus, dass oberhalb von einem Kelvin der Widerstand eines Moleküls weniger als hundert Kiloohm beträgt. Das ist ungefähr eine Größenordnung weniger als das, was andere Gruppen maßen. Die Messungen erfolgten, indem die Wissenschaftler die Moleküle zwischen zwei Elektroden brachte, die einen Abstand von 500 Nanometer zueinander besaßen. Die eine Elektrode bestand aus Rhenium die andere aus Kohlenstoff. Die Forscher zeigten außerdem, dass sich DNA bei tiefen Temperaturen wie ein ohm'scher Widerstand verhält, also der Stromfluss proportional zur angelegten Spannung ist (Science vom 12. Januar 2001).

Der genaue physikalische Mechanismus, der für die Leitfähigkeit verantwortlich ist, bleibt jedoch unklar. Eventuell sorgen die Kontakte für Elektronen oder Löcher, also für Ladungsträger in der DNA. Jedenfalls meinen die Wissenschaftler, dass Messungen der elektrischen Leitfähigkeit Biologen vielleicht dabei helfen könnten, bestimmte Basenpaare in der DNA aufzufinden.

Damit aber nicht genug. Kasumov zeigte bereits vor einigen Jahren, dass Nanoröhrchen ihren elektrischen Widerstand verlieren, wenn man sie mit einem Supraleiter verbindet und unterhalb der Übergangstemperatur für Supraleiter, der so genannten Sprungtemperatur, abkühlt. Nun konnte er mit seinem Team auch nachweisen, dass DNA-Moleküle supraleitend werden können.

In dem Moment, in dem die Forscher die Elektroden unterhalb ihrer Sprungtemperatur abkühlten – wenn also das Elektrodenmaterial supraleitend wird –, beobachteten sie, dass der elektrische Widerstand des DNA-Moleküls verschwand. Die Forscher erklären das Phänomen mit dem so genannten Proximity-Effekt. Dabei handelt es sich um einen Kopplungseffekt, der sich als Folge der engen räumlichen Nachbarschaft eines Supraleiters zu einer anderen Substanz ergibt. So können Cooper-Paare – die Ladungsträger im Fall der Supraleitung – ein Stück weit in diese andere Substanz, hier der DNA, eindringen und den Widerstand verschwinden lassen.

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