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News: Synthese à la surprise

Damit hatten die Wissenschaftler nicht gerechnet: Ihr im Labor nachgebauter, als tumorhemmend beschriebener Naturstoff zeigte nicht die erwartete Wirkung - dafür aber andere Qualitäten.
Bereits Alexander Fleming, der Entdecker des Penicillins, hatte ihre Bedeutung erkannt: Pilze, deren Naturstoffe sich als wertvolle Medikamente erweisen. Nicht nur als Lieferanten von Antibiotika, sondern auch für die Krebstherapie halten sie einige Schätze bereit.

Denn so mancher Naturstoff zeigt eine hemmende Wirkung auf das Tumorwachstum, indem er die Teilung von Krebszellen stört. Das geschieht beispielsweise dann, wenn das Molekül so genannte Phosphatasen ausschaltet – Enzyme, die Phosphatgruppen von Proteinen abspalten. Diese Phosphatgruppen regulieren wiederum die Aktivitäten von Enzymen und damit die Vorgänge in der Zelle.

TMC-69-6H ist eine solche Verbindung. Sie basiert auf einem Naturstoff, der in Pilzen der Gattung Chrysosporium vorkommt, und man nahm bisher an, dass sie die im Zellzyklus wichtige Cdc25-Phosphatase hemmen kann.

Leider lassen sich solch vielversprechende Naturstoffe nicht leicht gewinnen: Die Verbindungen in ausreichender Menge zu isolieren, ist oft teuer und schwierig. Deshalb versuchen Forscher, die Moleküle auf chemischem Wege herzustellen. Arbeitsgruppen vom Max-Planck-Institut für Kohlenforschung in Mühlheim und vom Max-Planck-Institut für Molekulare Physiologie in Dortmund gelang es nun, TMC-69-6H im Labor "nachzubauen".

Über eine ungewöhnliche Kupplung zwischen zwei Kohlenstoffatomen war den Forschern um Alois Fürstner der Schlüsselschritt der Synthese des aus mehreren Ringen bestehenden Moleküls gelungen. Auf diesen Erfolg folgte jedoch bald die Ernüchterung: Die beschriebene Hemmung der Cdc25-Phosphatase, Erklärung für die tumorhemmende Wirkung, konnten sie nicht bestätigen.

Ihre Arbeit war dennoch nicht umsonst, stellte sich TMC-69-6H doch als effektiver Hemmstoff anderer Phosphatasen heraus. Eine von ihnen, PTB 1B, ist bei der Regulation des Insulin-Rezeptors von großer Bedeutung – ihre Inhibitoren werden als Kandidaten zur Behandlung von Diabetes, Insulin-Resistenz und Fettleibigkeit gehandelt. Auch die Phosphatase PP1 kann durch TMC-69-6H gehemmt werden. Sie spielt, wie die Cdc25-Phosphatase, eine wichtige Rolle bei der Regulation des Zellzyklus; ihre Hemmstoffe sollten sich daher als mögliche Medikamente in der Krebstherapie erweisen.

"Für die Phosphatasen PBT 1B und PP1 wird bereits intensiv nach Hemmstoffen gefahndet", bemerkt Fürstner. "Verbindungen vom TMC-69-6H-Typ wurden dabei aber bisher nicht in Betracht gezogen. Diese Entdeckung könnte jedoch frischen Wind in die Wirkstoffforschung bringen."

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