Direkt zum Inhalt

News: Tabak in der Sahara?

Jede Pflanze gedeiht in einem für sie spezifischen Temperaturbereich am besten. Darüber oder darunter betreibt sie nur noch spärlich Photosynthese oder vertrocknet. Die Hitzetoleranz von Tabakpflanzen ist offenbar von der Konzentration bestimmter Fettsäuren in den Chloroplasten abhängig. Inaktiviert man das entsprechende Gen, sinken deren Konzentrationen, und die hitzeempfindlichen Pflanzen ertragen wesentlich höhere Temperaturen.
Wenn das Quecksilber mehr als 35 Grad Celsius anzeigt, beginnen die meisten Blütenpflanzen zu leiden. Abgesehen davon, daß die Blätter austrocknen, senkt die Hitze die Photosynthesetätigkeit. Einige Pflanzen wie beispielsweise Kakteen sind hingegen in der Lage, ihren Energiestoffwechsel trotz dieser widrigen Umstände am Laufen zu halten. Wichtig für die Hitzetoleranz der Pflanzen ist offenbar die Lipidzusammenstellung in den Chloroplasten-Membranen. In diesen Organellen läuft die Photosynthese ab, bei welcher die Energie des Sonnenlichts in chemischen Verbindungen fixiert wird. So enthalten die Cloroplasten-Membranen von einigen Wüstenpflanzen viel weniger dreifach ungesättigte Fettsäuren als beispielsweise Weizen oder Tabak.

Aufgrund dieser Beobachtung versuchten Yuuki Murakami und seine Kollegen von der Kyushu University und der Chiba University in Japan, die Produktion dieser Fettsäuren in hitzeempfindlichen Pflanzen zu unterbinden. Sie brachten ein Gen in Tabakpflanzen ein, das normalerweise den Fettsäurehaushalt in der gut erforschten Laborpflanze Arabidopsis steuert. Wenn die Wissenschaftler das Kontrollgen inaktivierten, betrug die Konzentration an dreifach ungesättigten Fettsäuren in den Chloroplasten der genmanipulierten Tabakpflanzen nur noch 15 Prozent des normalen Werts. Um die Auswirkungen auf die Photosyntheseaktivität zu erforschen, kultivierte das Team die Tabakpflanzen in Petrischalen bei 36 Grad Celsius. Die genveränderten Pflanzen vertrugen die Temperaturen gut: Nach 45 Tagen wogen sie neunmal mehr als normale Pflanzen. Bei vierzig Grad Celsius betrieben sie sogar eine intensivere Photosynthese als bei Raumtemperatur – auch Murakami und seine Kollegen wissen noch nicht genau, warum. Bei einer Temperatur von 47 Grad Celsius, vergleichbar mit einem durchschnittlichen Sommertag in der Sahara, verwelkten die unbehandelten Tabakpflanzen nach zwei Tagen und starben – die genbehandelten Pflanzen überlebten (Science vom 21. Januar 2000).

Die Untersuchung zeigt soweit, daß die Konzentrationserniedrigung von dreifach ungesättigten Fettsäuren in den Chloroplastmembranen die Temperaturtoleranz von Pflanzen vergrößern, meint Thomas Sharkey von der University of Wisconsin. Anthony Hall von der University of California in Riverside meint, im nächsten Schritt müsse die neue Technologie im Feldversuch getestet werden. Er verweist darauf, daß das Leben im Erdboden wesentlich komplizierter ist als in einer behüteten Petri-Schale.

Siehe auch

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

  • Quellen

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.