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Menstruation: Von Tampons bis Tassen – das sagt die Forschung über Periodenprodukte

Sind Tampons schädlich? Wie bekommt man TSS? Zum Thema Menstruation gibt es viele hartnäckige Mythen – auch zu den verschiedenen Periodenprodukten.
Drei weiße Tampons liegen nebeneinander auf einem rosa Hintergrund, links im Bild. Rechts daneben befindet sich eine lila Menstruationstasse. Das Bild vergleicht zwei Arten von Menstruationsprodukten.
Die Auswahl an Menstruationsprodukten ist so groß wie nie.

Ob Tampons, Binden, Menstruationstassen, Schwämme oder Periodenunterwäsche: Die Auswahl an Menstruationsprodukten war noch nie so groß. Dabei geht es nicht nur um Komfort, sondern auch um Gesundheit, Umweltfreundlichkeit und Kosten. Dennoch ist die Menstruation in vielen Regionen der Welt weiterhin ein Tabuthema. Deshalb hat die deutsche Nichtregierungsorganisation »Wash United« für den 28. Mai den Weltmenstruationstag ausgerufen.

Trotz ihrer Alltagsrelevanz stehen Menstruationsartikel selten im Zentrum wissenschaftlicher Studien. So stellte etwa Medizinerin Penelope Phillips-Howard von der Liverpool School of Tropical Medicine 2019 fest: »Obwohl weltweit 1,9 Milliarden Frauen im menstruierenden Alter sind und durchschnittlich 65 Tage im Jahr mit dem Menstruationsblutfluss zu tun haben, gibt es bloß wenige qualitativ hochwertige Studien, die Hygieneartikel vergleichen.«

Ein Team um Phillips-Howard führte daher eine Metastudie speziell zur Verwendung von Menstruationstassen durch, die 43 Forschungsarbeiten und Daten von insgesamt 3300 Frauen umfasste. Die im Fachblatt »The Lancet Public Health« veröffentlichte Analyse kam zu dem Schluss, dass Menstruationstassen bei richtiger Anwendung sicher, kosteneffizient und oft ebenso oder sogar weniger undicht seien als Einwegprodukte.

Allerdings registrierte das Forschungsteam auch fünf Fälle von toxischem Schocksyndrom (kurz TSS): eine extrem seltene und plötzlich auftretende Erkrankung, die dadurch entsteht, dass bestimmte Bakterien – in der Regel Staphylococcus aureus – Giftstoffe bilden, die eine Überreaktion des Immunsystems auslösen. Diese kann Organe schädigen und unbehandelt entsprechend schwer wiegende Folgen haben.

TSS: Extrem selten und vermeidbar

TSS wird oft mit Tampons assoziiert – fälschlicherweise, wie Stephanie Eder vom Berufsverband der Frauenärzte (BVF) erklärt: »Dieser Irrtum ist historisch bedingt: In den 1970er Jahren kamen supersaugfähige große Tampons in den USA auf, und mit diesen kam es tatsächlich zu einer Häufung des toxischen Schocksyndroms. Das gibt es aber eben nicht nur periodenassoziiert im Zusammenhang mit Tassen, Tampons, Binden oder Schwämmchen, sondern es kann ebenso nach einer Nagelbettentzündung oder einer Zahnbehandlung auftreten.« Wie Eder betont, ist eine gute Menstruationshygiene zentral – grundsätzlich und um TSS vorzubeugen. Dazu gehöre das regelmäßige Wechseln von Binden oder Tampons mit gewaschenen Händen.

Ob der Tampon aus Biobaumwolle besteht oder nicht, macht indes laut einer 2018 veröffentlichten US-Studie keinen Unterschied für das TSS-Risiko. Dieses ist nach Zahlen des Robert Koch-Instituts ohnehin sehr gering: Jährlich seien 3 bis 6 von 100 000 Frauen im sexuell aktiven Alter von der Erkrankung betroffen. 

Menstruationstassen sollten laut Eder immer, wenn sie voll sind und ausgeleert werden, vor dem erneuten Einsetzen gründlich mit Wasser ausgespült und mindestens nach dem letzten Gebrauch am Ende der Periode ausgekocht werden. Ob es wirklich ausreicht, die Tasse lediglich nach der Menstruation auszukochen – wie von den meisten Herstellern empfohlen –, sei wissenschaftlich noch nicht geklärt.

Neben der Reinigung der Menstruationstasse ist auch deren richtige Platzierung wichtig. Das legt zumindest eine kürzlich im Fachjournal »BMJ Case Reports« veröffentlichte medizinische Studie nahe. Darin wird über eine Frau Anfang 30 berichtet, die über Monate unter Seiten- und Beckenschmerzen sowie Blut im Urin litt – ausgelöst durch eine Tasse, die den Harnleiter am Blaseneingang blockierte. Als sie auf die Tasse verzichtete, verschwanden die Symptome vollständig. Die Studienautoren betonen, dass derartige Komplikationen zwar selten seien, dennoch aber mehr Aufklärung über richtige Anwendung, Passform und potenzielle Risiken nötig sei – insbesondere, weil Menstruationstassen frei verkäuflich und meist ohne medizinische Beratung genutzt würden.

Auch Gynäkologin Eder hat die Fallbeschreibung gelesen und weiß von einigen wenigen anderen Fälle aus früheren wissenschaftlichen Arbeiten. Wegen der extrem seltenen Komplikationen sollten derartige Berichte jedoch nicht von der Nutzung der Tassen abhalten.

Schwermetalle in Tampons verunsichern

2023 sorgte eine US-Studie für Aufsehen, die Schwermetalle wie Blei und Arsen in Tampons nachwies. Doch das Bundesinstitut für Risikobewertung gab Entwarnung: Selbst bei vollständiger Aufnahme über die Schleimhäute wäre die Belastung im Vergleich zu Alltagsquellen wie Lebensmitteln, Hausstaub oder Abgasen vernachlässigbar. Das passt zur Einschätzung von Eder, die vor unbegründeter Verunsicherung durch solche Berichte warnt.

Eder empfiehlt in ihrer Praxis Tampons ohne Bedenken – und geht dabei vor allem intensiv auf die Sorgen von jungen Mädchen ein, die zum ersten Mal menstruieren. »Der erste Frauenarztbesuch kann mit Ängsten besetzt sein. Deswegen biete ich eine Teenagersprechstunde an, in der Zeit für alle Fragen ist.« Dazu könnten beispielsweise Unsicherheiten beim Einführen von Tampons gehören. »Wenn mir ein Mädchen berichtet, dass sie dabei Schwierigkeiten hat, empfehle ich eine Untersuchung des Hymens, also des Jungfernhäutchens – nicht nur, damit sie Tampons benutzen kann, sondern weil es hier tatsächlich Fehlbildungen geben kann, die später, beim ersten Geschlechtsverkehr, Probleme bereiten können.«

Normalerweise sei das Hymen aber mit der ersten Periode weicher und elastischer und stehe so der Tamponnutzung nicht im Weg. Dennoch hält sich laut Eder der Mythos, durch diese gehe das Jungfernhäutchen kaputt – nicht die einzige falsche Annahme, mit der junge Mädchen in ihre Praxis kämen. Viele der Patientinnen seien auch überrascht, wie unregelmäßig die Periode am Anfang sein könne.

»Jedes Mädchen und jede Frau muss das nehmen, womit sie sich wohlfühlt«Stephanie Eder, Gynäkologin

Grundsätzlich, so Eder, sei kein Menstruationsprodukt dem anderen medizinisch überlegen: »Jedes Mädchen und jede Frau muss das nehmen, womit sie sich wohlfühlt. Das kann für manche die Binde und für andere der Tampon sein, während wieder andere besser mit Periodenunterwäsche, Menstruationstasse oder Schwämmchen zurechtkommen.« Frauen, die ohne krankhafte Ursache starke Blutungen hätten, könnten indes von der Menstruationstasse profitieren, da diese seltener gewechselt werden müsse als etwa ein Tampon oder eine Binde, sagt die Gynäkologin. In diesem Kontext empfahl eine 2023 im Fachblatt »BMJ Sexual & Reproductive Health« veröffentlichte Studie Menstruationsscheiben, eine Variante der Tassen, die besonders viel Flüssigkeit auffangen.

Eine weitere Alternative ist Periodenunterwäsche, ergänzt Eder – auch für Frauen, die unter starkem Ausfluss oder Inkontinenz litten. Im Gegensatz zu herkömmlichen Slip-Einlagen habe diese Unterwäsche oft eine Baumwolloberfläche, was für die Trägerin angenehmer sein könne.

Insgesamt sieht die Frauenärztin gerade durch Social Media durchaus eine Enttabuisierung des Themas. »Auf der anderen Seite glaube ich trotz allem, dass es für viele Mädchen und Frauen immer noch etwas Intimes ist, an dem nicht jeder teilhaben muss – und das muss genauso in Ordnung sein wie das offene Sprechen über Menstruation und Menstruationsprodukte.« Wichtig sei, so Eder, bei allen Online-Informationen die ärztliche Kompetenz nicht aus dem Blick zu verlieren; vor allem auch angesichts der vielen Fehlinformationen, auf die man im Netz stoße.

Und: Bei allen Problemen, die mit der Periode verbunden sein könnten, darunter etwa Schmerzen und Kreislaufprobleme, bemühe sie sich, diese positiv zu besetzen: »als Zeichen der Fruchtbarkeit und als Zeichen dessen, dass Frauen ein Kind bekommen können.«

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