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Tastsinn: Hartes Holz, hartes Herz

Hantieren mit rauen Teilen
Vom Softie bis zum harten Brocken: Viele sprachliche Metaphern entlehnen Begriffe aus der Welt unseres Tastsinns. Und tatsächlich beeinflussen haptische Erfahrungen, wie wir ganz unabhängig davon andere Menschen oder Situationen beurteilen – oder uns selbst verhalten.

Im Oktober 2008 waren John Bargh von der Yale University und seine Kollegen dem "Diktat der Tasse" auf die Spur gekommen: Ein heißer Kaffeebecher ließ Probanden wärmere Urteile über andere fällen. Kein Scherz, wie die Wissenschaftler nun mit neuen Experimenten zeigen.

Als sie unbedarfte Passanten baten, Unterlagen von Stellenbewerbern zu beurteilen, gab das Gewicht des dafür benutzten Klemmbretts den Ausschlag: Kandidatenschreiben auf einem schweren Brett weckten mehr positive Resonanz als Vergleichspapiere auf einer leichten Unterlage – die Befragten stuften die Bewerber als besser geeignet ein und bescheinigten ihnen ein größeres Interesse an der Arbeit. Eine zweite Aktion lässt Fundraiser aufhorchen: Bei schwerer Unterlage unterstützten die Teilnehmer einen größeren Geldfluss für als (ge)wichtig empfundene Projekte.

Auch die Oberflächenstruktur beeinflusst nachfolgende Entscheidungen. So beurteilten Passanten den Ton und die Interaktion in einer Gesprächsszene negativer, wenn sie zuvor ein Holzpuzzle mit einer Schmirgelpapieroberfläche legen mussten. Passanten, die glatte Teile bekommen hatten, empfanden die Situation dagegen als deutlich entspannter, offener und freundlicher.

Auch die Härte eines Untergrunds wirkt nach: Nach tastender Begutachtung eines Holzklotzes bewerteten die Passanten das Verhalten eines Angestellten in einer Gesprächsszene mit seinem Chef als eher steif und strikt im Vergleich zu den Teilnehmern, die zuvor ein Handtuch bekommen hatten. Und wer gut zu eigenen Gunsten verhandeln will, sollte den Partnern einen weichen Sessel anbieten: Das steigerte in einem letzten Experiment das Entgegenkommen des Gegenübers. Harte Stühle hingegen sorgten für harte Positionen.

Wirklich verwunderlich ist der große Einfluss des Tastsinns auf unser Verhalten nicht, gehören doch Berührungsreize zu den ersten Erfahrungen im Leben, die von Geburt an unseren Eindruck von der Welt prägen. "Sie sind entscheidend dafür, wie kleine Kinder und Erwachsene letztlich abstrakte Konzepte von Menschen und ihren Interaktionen entwickeln – zum Beispiel die Bedeutung eines warmen Lächelns oder eines harten Herzens zu erkennen", erklärt Bargh. (af)
  • Quellen
Ackerman, J.M. et al.: Incidental Haptic Sensations Influence Social Judgments and Decisions. In: Science 328, s. 1712–1715, 2010.

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