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News: Temperaturrekord bei metallischen Supraleitern

Wie schön wäre es doch, wenn metallische Supraleiter auch bei 'hohen' Temperaturen zur Verfügung stehen würden. Man müsste sie dann nicht aufwendig mit teurem Helium kühlen, und sie hätten gegenüber keramischen Supraleitern, die bereits Stickstoff-gekühlt arbeiten, den großen Vorteil, dass sie sich leichter handhaben lassen. Noch sind die Forscher nicht bei der magischen Temperaturmarke angelangt, aber neue Experimente konnten immerhin die Messlatte ein wenig höher legen: Mit Hilfe von Magnesiumdiborid erreichten Wissenschaftler in Japan, England und den USA Supraleitung noch bei 38 Kelvin.
Supraleiter haben seit ihrer Entdeckung Anfang des 20. Jahrhunderts große Bedeutung in Wissenschaft und Technik erlangt. Wenn hohe Magnetfelder erzeugt werden müssen oder sehr genaue Magnetfeldsmessungen anstehen, sind sie erste Wahl. Bislang muss man sie aber recht aufwendig mit flüssigem Helium (4 Kelvin) kühlen, damit sie ordnungsgemäß funktionieren. Zwar existieren seit Mitte der achtziger Jahre auch so genannte Hochtemperatursupraleiter, die auch oberhalb des Siedepunkts von flüssigem Stickstoff (77 Kelvin) supraleitend sind, sie bestehen aber gänzlich aus keramischen Metalloxid-Gemischen und sind so für technische Anwendungen oftmals zu spröde. Metallische Supraleiter oberhalb von 77 Kelvin müssen also her.

Bislang war Niob-Zinn der Rekordhalter im Bereich der metallischen Supraleiter. Seine Sprungtemperatur, bei der ein Übergang zwischen supraleitender und normalleitender Phase stattfindet, liegt bei 20 Kelvin. Nun ist es Jun Akimitsu und seinen Mitarbeitern von der Aoyama-Gakuin University in Tokio gelungen, den Rekord nahezu zu verdoppeln: 38 Kelvin maßen sie als Sprungtemperatur bei Proben aus Magnesiumdiborid. Die Amerikaner John Hulm und Bernd Matthias haben in den fünfziger Jahren zwar viele Verbindungen von Übergangsmetallen auf Supraleitung überprüft, offenbar ist ihnen dabei just diese Verbindung durch die Lappen gegangen. Physiker am Ames Laboratory in den USA und an der University of Cambridge sowie der University of Birmingham bestätigten jedenfalls das Ergebnis (Symposium on Transition Metal Oxides in Sendai vom Januar 2001).

Im nächsten Schritt wollen die Forscher nun klären, welcher Mechanismus für die Supraleitung verantwortlich ist. Es gibt zwar eine Theorie, welche die Supralteitung bei tiefen Temperaturen gut erklärt, die so genannte Bardeen-Cooper-Schrieffer-Theorie (BCS), sie scheitert aber bei Hochtemperatursupraleitern. "Die Herausforderung ist nun zu ergründen, ob die Supraleitung gemäß der BCS-Theorie funktioniert, was wegen ihrer hohen Übergangstemperatur eher unwahrscheinlich ist, oder ob ihre Quelle anderer Natur ist", äußert sich David Cardwell von der University of Cambridge. Vielleicht lässt sich so auch klären, welchem Mechanismus der widerstandsfreie Stromtransport in anderen Hochtemperatursupraleitern unterliegt.

"Das ist eine sehr spannende Entdeckung", meint Colin Gough von der Birmingham University. Magnesiumdiborid sei leicht herzustellen, ja sogar beim Apotheker erhältlich, scherzt Gough. Möglicherweise lässt sich die Übergangstemperatur durch Einbringen anderer Zutaten noch weiter erhöhen. "Wir müssen aber zunächst einmal die Natur der Ladungsträger klären, bevor wir überlegen, welche Elemente wir benutzen", meint Cardwell, "Hochtemperatursupraleiter, die normalerweise aus Oxiden bestehen, enthalten hauptsächlich Kupfer, deshalb wäre das ein guter Ausgangspunkt für die weitere Suche."

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