Raubgut aus der NS-Zeit: Teile des Teppichs von Bayeux in Schleswig aufgetaucht

Faserteile des weltberühmten Teppichs von Bayeux haben sich im Landesarchiv Schleswig-Holstein in Schleswig gefunden. Die mittelalterlichen Stücke tauchten in einem Nachlass des bekannten schleswig-holsteinischen Textilarchäologen Karl Schlabow (1891–1984) auf, der sie 1941 während des Zweiten Weltkriegs aus Frankreich mitgenommen hatte. »Der Fund ist eine Sensation«, sagt der Leiter des Landesarchivs Rainer Hering. Zugleich betont er, dass es sich dabei um Raubgut handle. Deshalb sollen die fast 1000 Jahre alten Textilstücke noch 2025 an Frankreich zurückgegeben werden.
Wie Hering berichtet, habe man bei der Erschließung von Schlabows Nachlass die Textilreste zufällig gefunden. Schlabow hatte sie zwischen Glasplatten konserviert und auf ihnen notiert, dass es Teile des Teppichs von Bayeux seien. Der Archäologe war als Mitglied einer deutschen Wissenschaftlergruppe von der SS-Einrichtung »Deutsches Ahnenerbe« ab 1941 mit der Neuvermessung des Teppichs beauftragt worden. Offenbar »hatte Schlabow dabei kleine Faserteile herausgeschnitten«, erklärt Hering. Die Stücke stammen von der Unterseite des Teppichs. Dass Schlabow an dem weltberühmten Tuchstreifen Proben entnommen hatte, sei bis zur jetzigen Entdeckung der Fasern unbekannt gewesen.
Beim Teppich von Bayeux handelt es sich um einen 68 Meter langen und einen halben Meter breiten Tuchstreifen aus Leinenstoff, der in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts gefertigt wurde. In zahlreichen eingestickten Szenen schildert das Textil die Eroberung Englands durch den Normannenherzog William den Eroberer im Jahr 1066. Die kunstvolle Stickarbeit zählt zum Weltdokumentenerbe und ist ein Kulturgut Frankreichs. Darum strebt das Landesarchiv auch die umgehende Rückgabe der Fasern an.
Man sei mit dem Museum von Bayeux, wo das mittelalterliche Meisterwerk ausgestellt ist, und mit der französischen Botschaft in engem Kontakt, sagt Hering. Zuvor wird der Fund jedoch samt weiterer Informationen auf einer Pressekonferenz am 25. März vorgestellt und anschließend ab Ende April in einer Ausstellung im Schloss Gottorf in Schleswig zu sehen sein.
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