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Pestopfer entdeckt: Die Abtei und der Schwarze Tod

In der Hoffnung auf ein christliches Begräbnis kamen die Pestkranken einst zur stattlichen Thornton-Abtei. Dort wusste man sich offenbar vor Toten bald nicht mehr zu helfen.
Pestopfer aus der Thornton Abbey in Lincolnshire

Im nordostenglischen Lincolnshire haben Archäologen ein Massengrab für mindestens 48 Opfer des Schwarzen Todes entdeckt. Es liegt im Umfeld von Thornton Abbey, die bis ins 15. Jahrhundert bestand und einst – im Leben wie im nahenden Tod – Anziehungspunkt für die Menschen der Umgebung war. In England kam bislang nur ein einziges solches Massengrab im ländlichen Raum zum Vorschein.

Wie das Forscherteam um Hugh Willmott von der University of Sheffield in der Fachzeitschrift »Antiquity« berichtet, wurden die Menschen allesamt innerhalb kürzester Zeit in das Grab gelegt. Vermutlich waren die Bewohner der Abtei ab einem bestimmten Zeitpunkt der Epidemie nicht mehr in der Lage, jedem Verstorbenen ein Einzelgrab zu widmen. Trotzdem habe man die Toten mit Sorgfalt und Respekt behandelt, schreiben die Wissenschaftler. So liegen die Menschen beispielsweise weder übereinander noch in verschiedenen Richtungen. Wahrscheinlich hatte man sie alle in Leichentücher gewickelt.

Sorgfältige Bestattung | In das Massengrab wurden die Opfer nicht willkürlich und achtlos hineingeworfen. Man behandelte die Toten offenbar mit dem üblichen Respekt.

Die Analyse der Skelette ergab, dass Männer wie Frauen aller Altersgruppen bestattet wurden; unter den Toten waren auch 21 Kinder. Nur kleine Kinder konnten die Archäologen nicht finden; deren Knochen haben sich wahrscheinlich nicht erhalten. Dass es sich um Opfer des Schwarzen Todes handelt, belegt eine Analyse der Zähne von 16 Individuen. In ihnen haben sich genetische Überbleibsel des Pesterregers, des Bakteriums Yersinia pestis, noch erhalten.

In England wütete die Epidemie in den Jahren 1338 und 1349. Binnen weniger als zwei Jahren starb in manchen Orten die Hälfte der Bevölkerung. Am besten ist die Epidemie in den mittelalterlichen Städten erforscht. Doch auch in den kleinen Örtchen und Weilern muss die Krankheit katastrophale Ausmaße gehabt haben, wie der Fund des Massengrabs belegt. Wahrscheinlich deshalb konnte den Erkrankten in ihren Heimatorten nicht mehr geholfen werden, und so wandten sie sich in der Hoffnung auf Krankenpflege oder wenigstens ein christliches Begräbnis an überregionale Zentren wie etwa Thornton Abbey. Auch dort schrumpften allerdings die Kapazitäten schnell. Von der 18 Kilometer entfernt gelegenen Abtei Meaux Abbey ist überliefert, dass 80 Prozent der Mönche von der Krankheit dahingerafft wurden.

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