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Atlantik: Tiefseeboden ist überraschend felsig

Den Tiefseeboden bedeckt ein Schleier aus Sediment? Keineswegs, zeigt nun eine Expedition: Die zahlreichen Felshabitate seien »schlichtweg übersehen« worden, sagt ein Forscher.
Große Teile des Meeresbodens entlang des atlantischen Rückens sind mit Fels bedeckt

Der Meeresboden in der atlantischen Tiefsee ist offenbar vielfältiger als gedacht: Es wechseln sich dort sedimentbedeckte Bereiche mit solchen ab, in denen der Fels frei liegt. Diese felsigen Regionen machen in manchen Gegenden fast ein Drittel des Bodens aus, summieren sich auf insgesamt 260 000 Quadratkilometer und seien bislang »schlichtweg übersehen« worden, sagt Torben Riehl vom Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum in Frankfurt.

Mit seinem Team hat der Wissenschaftler auf dem Forschungsschiff Sonne den Meeresboden des tropischen Nordatlantik in etwa 4500 bis 5500 Meter Tiefe über eine Fläche von 94 000 Quadratkilometern kartiert. Wie der Meeresboden beschaffen war, haben sie mit Hilfe akustischer Messungen ermittelt. Anschließend überprüften sie mit Kameras und Probenentnahmegeräten, ob ihre Technik in der Lage ist, den Unterschied zwischen bloßem Fels und Sediment zu erkennen.

Wie sie im Fachblatt »PNAS« schreiben, konzentrierten sie sich bei ihrer Forschungsfahrt im Jahr 2015 auf den Boden entlang so genannter Bruchzonen – Täler, die senkrecht auf dem Mittelatlantischen Rücken stehen. Entlang der Mittelozeanischen Rücken driften Kontinentalplatten auseinander, dabei bildet sich fortwährend neuer Meeresboden. Bereiche mit frei liegendem Fels fanden sie auf Krusten jeder Altersstufe.

Bislang seien Forscher davon ausgegangen, dass der Meeresboden dort unten nahezu ausnahmslos mit einer dicken Sedimentschicht bedeckt sei. Das stehe aber im Widerspruch zu der biologischen Vielfalt, die man in der Tiefe finde. »Wir haben uns gefragt: Wieso können in einem derart homogenen Lebensraum so viele Arten koexistieren und überhaupt erst entstehen? Ist der abyssale Meeresboden möglicherweise weniger monoton als angenommen?«, fragt Rühl in einer Pressemitteilung. Die Ergebnisse der Expedition bestätigen nun diese Annahme.

Warum dieser Flickenteppich aus harten und weichen Untergründen bislang übersehen wurde, erklärt der Forscher mit Verweis auf die gängigen Untersuchungstechniken: Überall dort, wo die Karten einen nicht absolut glatten und weichen Boden verzeichnet hätten, würden die Wissenschaftler ihre Schlitten, Schleppnetze und Bohrgeräte lieber an Bord lassen – aus Angst, sie in der Tiefe zu verlieren. Das akustische Messverfahren, das das Team um Rühl einsetzte, hat diese Probleme nicht.

Die meisten Karten vom Meeresgrund in diesen Tiefen hätten eine Auflösung im Kilometerbereich. Die neu erstellten Karten hingegen hätten eine Auflösung von 60 Metern und seien im Vergleich zu früher gestochen scharf, schreiben die Forscher.

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