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Tierhetzen: Schädel bezeugt Kampf zwischen Gladiator und Braunbär

Die Römer liebten die Spektakel in den Arenen, etwa wenn Gladiatoren gegen wilde Bären antraten. Der 1700 Jahre alte Schädel eines Braunbären belegt nun erstmals direkt solche Schaukämpfe.
Ein antikes Mosaik zeigt zwei Personen in römischer Kleidung, die mit Peitschen gegen einen Bären vorgehen. Der Bär steht über einer dritten Person, die am Boden liegt. Das Mosaik ist von einem komplexen geometrischen Muster umrahmt, das aus ineinander verschlungenen Bändern besteht. Die Szene vermittelt eine dynamische Darstellung von Bewegung und Spannung.
Männer kämpfen gegen einen Bären, der einen Tierhetzer angefallen hat. Das Bodenmosaik befindet sich in einer römischen Villa im saarländischen Nennig.

Für Schaukämpfe schleppten die Römer zahlreiche wilde Tiere in ihre Arenen. Antike Bilder und Schriften belegen dabei auch Kämpfe von Gladiatoren mit Bären. Einen ersten direkten Beleg für diese Art der Tierhetze haben Archäologen nun in Serbien identifiziert. Am Schädel eines Braunbären, der sich beim Amphitheater der römischen Grenzstadt Viminacium fand, wiesen die Fachleute eine Verletzung und Infektion nach, die vor zirka 1700 Jahren zum Tod des Wildtiers geführt habe. Abnutzungen an den Zähnen zeigen, dass der Braunbär (Ursus arctos) zeitlebens in Gefangenschaft gehalten wurde. Wie das Forscherteam um Nemanja Marković vom serbischen archäologischen Institut in Belgrad in der Zeitschrift »Antiquity« berichtet, war das Tier mutmaßlich bei einer Tierhetze verletzt worden – einer »venatio«, wenn bewaffnete Kämpfer gegen Bären, Raubkatzen oder Elefanten in der Arena antraten.

Den fragmentierten Bärenschädel legten Archäologen 2016 in einem Bau neben dem Amphitheater frei, wo sie auch die Überreste eines Leoparden entdeckten, eines Exoten in der römischen Provinz Moesia. Wie eine 14C-Datierung von Knochen aus demselben Fundkomplex ergab, stammen die tierischen Überreste aus der Zeit von 240 bis 350 n. Chr.

Marković und seinen Kollegen röntgten den Bärenschädel, werteten seine DNA aus und untersuchten die Anatomie der Knochen und Zähne. Demnach stammte der Schädel von einem sechs Jahre alten männlichen Braunbären, der sehr wahrscheinlich in der Balkanregion aufgewachsen war. Da die Eckzähne stark abgewetzt sind, hatte das Tier laut Marković und Co wohl zeitlebens an den Gitterstäben eines Käfigs gekaut. Ähnliches stereotypes Verhalten zeigen auch heutige Bären in Gefangenschaft. Möglicherweise hatte man die Zähne des Tiers auch gestutzt, wie es andere Funde aus römischer Zeit belegen.

Stoß gegen den Kopf

Zum Tod des Braunbären von Viminacium führte aber vermutlich indirekt eine stumpfe Verletzung des Stirnbeins, die sich infizierte und nicht mehr ausheilen konnte. Wie es Mosaike und Reliefs wiedergeben, kämpften die auf Tierhetze spezialisierten Gladiatoren (»venatores«) meist mit einer Stoßlanze. Mit dieser oder einer anderen Waffe könnte ein Venator den Braunbären getroffen haben. Zweifelsfrei nachweisen ließe sich aber nicht mehr, ob das Tier bei einem Schaukampf oder in einer anderen Situation verletzt wurde. Fundort und Fundkontext machen jedoch ein Szenario in der Arena wahrscheinlich.

Schädel aus Viminacium | Ein stumpfer Stoß hinterließ eine ovale Vertiefung im Stirnbein des Bären (Pfeil bei a). Die Eckzähne des Tieres sind zudem stark abgerieben, vermutlich weil der Bär schlecht ernährt wurde und an den Gitterstäben seines Käfigs wetzte (Pfeile bei b und c).

Dass die wilden Tiere umgekehrt auch den Gladiatoren gefährlich wurden, zeigen nicht nur antike Darstellungen, sondern auch Knochenfunde. Im April 2025 veröffentlichten Fachleute ein menschliches Skelett aus dem 3. Jahrhundert, das sich in einem römischen Friedhof beim englischen York fand. Aufgrund der Bissspuren an den Knochen könnte es sich um die Überreste eines römischen Schaukämpfers handeln, der von einer Raubkatze zerfleischt wurde.

  • Quellen
Marković, N. et al., Antiquity 10.15184/aqy.2025.10173, 2025

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