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Tierlaute: Warum Katzen so tief schnurren können

Eigentlich sind Katzen zu klein, um ihre bassartigen Schnurrgeräusche anzuschlagen. Warum sie es dennoch können? Dank spezieller Gewebepolster, wie Forschende herausfanden. Damit stellen sie eine alte These in Frage.
Eine Katze wird am Hals gekrault und schnurrt dabei - sehr wahrscheinlich!
Katzen haben es besonders gern, wenn sie am Hals gekrault werden. Dann schnurren sie meist auch. Eine Forschergruppe hat nun untersucht, wie das brummige Geräusch entsteht.

Seit Jahrtausenden streichen sie den Menschen um die Beine und drücken ihr Wohlbefinden mit einem beruhigenden Schnurren aus. Über Katzen sollte es eigentlich kaum noch Geheimnisse geben, doch das Gegenteil ist der Fall. Warum die Stubentiger beispielsweise so tief schnurren können, ist offenbar nicht eindeutig geklärt. So haben Forschende um Christian Herbst von der Universität Wien in Experimenten eine lang favorisierte These in Zweifel gezogen. In der Fachzeitschrift »Current Biology« erklärt das Team, dass in den Stimmlippen der Katzen Gewebepölsterchen eingebettet sind, die den Tieren helfen, einen tiefen, schnurrigen Bass zu produzieren. Dafür müssten die Katzen auch nicht dauerhaft ihre Muskeln im Kehlkopf arbeiten lassen, wie es zuvor angenommen wurde.

Das Schnurren der Katzen ist in vielerlei Hinsicht außergewöhnlich. Vor allem weil für derart tiefe Töne – die vibrierenden Laute liegen bei einer Frequenz von 20 bis 30 Hertz – die Tiere eigentlich zu klein und ihre Stimmlippen zu kurz sind. Diese bilden das Stimmorgan im Kehlkopf. Es besteht aus den beiden Stimmbändern, die mit Luft in Schwingung versetzt werden und durch Muskelarbeit verschiedene Töne erzeugen können. Um den tiefen Schnurrgeräuschen der Katzen auf die Spur zu kommen, untersuchten Herbst und sein Team die Stimmapparate von acht Katzen (Felis silvestris catus). Die Haustiere waren aus gesundheitlichen Gründen eingeschläfert worden, und ihre Besitzer waren einverstanden, dass die Wiener Fachleute die Tiere für Experimente verwendeten.

Erzeugt ein ständiges Neurosignal das Schnurren?

In den 1970er Jahren entwickelten Forscher eine Theorie, wie das Schnurren im Kehlkopf entsteht: durch eine zyklische Kontraktion und Entspannung der Muskeln. Dazu würde das Gehirn der Katzen dauerhaft ein neuronales Signal senden. Herbst und seine Gruppe überprüften nun diese These. Sie führten Luft durch die entnommenen Kehlkopfpartien der Hauskatzen und stellten fest: Das Schnurrgeräusch ließ sich erzeugen – auch ohne neuronalen Input, denn die Kehlköpfe lägen »ex vivo« vor, also außerhalb eines lebenden Organismus.

Den tiefen Bass anzuschlagen, dazu würde die Katzen eine anatomische Besonderheit befähigen, wie die Forschergruppe in ihrer Studie erklärt: Die Lautgebung werde durch zirka vier Millimeter dicke Gewebepolster unterstützt, die in den Stimmlippen liegen. Ihre Existenz sei schon länger bekannt, ihre Funktion aber bisher unklar gewesen.

Damit würden die Tiere keine besondere Form der Lautgebung nutzen, um tief zu schnurren, sondern auf ganz gewöhnliche Weise solche Töne abgeben – nämlich gemäß der myoelastischen-aerodynamischen Theorie, der zufolge nicht für jede Schwingung der Stimmlippen ein neuronales Signal ausgesendet wird. Auf diese Art funktioniere normalerweise die Lautgebung im Kehlkopf eines Lebewesens. Herbst und sein Team räumen jedoch ein, dass sie mit ihren Versuchen die ältere These nicht vollständig widerlegen können – und wohl auch nicht wollen. Denn womöglich entstehe das brummige Schnurren durch eine Kombination: indem die Katzen den Laut direkt steuern, ihre Stimmlippen aber auch ohne weitere Muskelkontraktionen und neuronale Impulse dauerhaft flattern lassen.

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