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News: Tinte - kein bißchen altmodisch

Im Hinblick auf elektronische Displays bestünde das Höchste der Gefühle sicher darin, die besten Eigenschaften der elektronischen Anzeigen mit der Behaglichkeit und Qualität des bedruckten Papiers zu verbinden. Für 'elektronisches Papier' bräuchte man natürlich auch 'elektronische Tinte' - aber daran sollte dank neuer Forschungsergebnisse nicht fehlen.
Der Großteil der Display-Industrie konzentriert sich gegenwärtig auf Flüssigkristallanzeigen bzw. deren immer besser werdende Lesbarkeit und Farb- und Kontrastdarstellung. Joseph Jacobson und seine Kollegen vom Media Laboratory des Massachusetts Institute of Technology indes sind einen völlig anderen Weg gegangen. Die Gruppe versucht das Erscheinungsbild von bedrucktem Papier mit einem elektronischen Display zu imitieren (Nature vom 16. Juli 1998).

Diese Art von Systemen war bereits früher erforscht worden, doch die damaligen Formen elektronischer Tinte hatten nur eine kurze Lebensdauer (sie zersetzten sich nach einigen Wochen oder ein paar Hunderttausend Wechselzyklen) und waren schwer herzustellen. Das Team des Massachusetts Institute of Technology hat jetzt viele dieser Probleme gelöst – mit einer elektronischen Tinte auf Mikroteilchen-Basis.

Die elektronische Tinte beruht auf einer Suspension weißer Partikel in einem absorbierenden Farbstoff. Die Partikel befinden sich in kleinen Mikrokapseln mit einem Durchmesser von nur Hundertstel Millimetern. Eine Dispersion aus diesen Mikrokapseln kann – wie jede andere Tintenform – auf flexiblen Oberflächen gedruckt werden, wozu auch Papier zählt. Die weißen Partikel sind stärker polarisierbar als der Farbstoff und können durch ein elektrisches Feld bewegt werden. Wenn sie sich im abgewandten Teil der Mikrokapseln ansammeln, erscheinen diese farbig. Befinden sie sich im Vordergrund, so wirken sie dagegen weiß. Auf diese Art entsteht der Kontrast für den Bildaufbau.

Wenn sich die weißen Teilchen in einer der beiden Positionen befinden, ist die Anzeige stabil. Das elektrische Feld muß daher nur angelegt werden, wenn Veränderungen notwendig sind. Dies bedeutet einen zusätzlichen Vorteil gegenüber den Flüssigkeitsanzeigen: Fällt der Strom aus, geht das Bild nicht verloren.

Die zum Anlegen des elektrischen Feldes nötigen Elektroden können auf die Rückseite gedruckt werden. Dazu dient eine mit Silber versetzte (dotierte) Polymertinte. Bis jetzt muß jeder Pixel eines Bildes einzeln adressiert werden. Doch Auflösung und Speichervermögen könnte verbessert werden durch ein Leitungsgitter mit einem Pixel an jedem Kreuzungspunkt und einer Spannungsquelle an den Enden einer jeden Zeile und Spalte. Dadurch ließe sich jeder Punkt durch eine Kombination bestimmter Signale spezifizieren.

Als erste Anwendungen sind Straßenschilder, elektronische Plaketten und Displays mit relativ geringer Auflösung vorstellbar. Doch auch Bilder, die der Qualität von Zeitungspapier nahekommen, sind vielleicht sehr bald möglich. Jacobsons langfristiges Ziel ist allerdings die Erstellung von vollständigen elektronischen Büchern, die in jedes vom Leser gewünschte Buch umgewandelt werden können.

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