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Tipping Point: Wann kippt der Amazonas-Regenwald?

Klimawandel, Abholzung und Brände setzen dem größten Regenwald der Welt arg zu. Er droht auszutrocknen. Die entscheidende Frage ist, wie viel Zeit zur Rettung bleibt.
Ein Glasfrosch auf einem Blatt

Das Regenwalddach erscheint wie ein endloses grünes Meer bis zum Horizont: Von einem Beobachtungsturm über den Baumkronen bei Manaus im brasilianischen Amazonasgebiet aus gesehen, wirkt der Amazonas wie ein reiches und gesundes Ökosystem, aber der Schein trügt. Dieser Regenwald – der 16 000 verschiedene Baumarten beherbergt – trocknet langsam aus.

Im vergangenen Jahrhundert ist die Durchschnittstemperatur im Wald um 1 bis 1,5 Grad Celsius gestiegen. In einigen Teilen hat sich die Trockenzeit in den letzten 50 Jahren von vier auf fast fünf Monate ausgeweitet. Schwere Dürreperioden haben seit 2005 dreimal stattgefunden. Das alles hat zu einer Veränderung der Vegetation geführt. Laut einer Studie aus dem Jahr 2018 sterben Bäume, die am besten unter feuchten Bedingungen gedeihen, etwa tropische Leguminosen der Gattung Inga. Diejenigen, die an trockenere Klimazonen angepasst sind, wie der Paranussbaum (Bertholletia excelsa), gedeihen hingegen gut.

Gleichzeitig werden große Teile des Amazonas, des größten Regenwaldes der Welt, abgeholzt und verbrannt. In den 1970er Jahren umfasste er ein Gebiet von mehr als sechs Millionen Quadratkilometern. Durch Abholzung ist der Wald nun bereits um rund 15 Prozent geschrumpft. In Brasilien, das mehr als die Hälfte des Waldes umfasst, sind mehr als 19 Prozent verschwunden. In den 2000er Jahren wurde der Staat dafür gelobt, den Waldverlust drastisch zu verlangsamen, doch seither nimmt die Rate infolge politischer Unruhen und einer wirtschaftlichen Rezession wieder zu. 2019 stieg die Abholzung in Brasilien um etwa 30 Prozent auf fast 10 000 Quadratkilometer, der größte Verlust seit einem Jahrzehnt. Und im August 2019 machten Videos von Waldbränden im Amazonasgebiet international Schlagzeilen. Die Zahl der Brände im Februar 2020 war die höchste seit einer extremen Dürre im Jahr 2010. Viele Wissenschaftler bringen diese gehäuften Brände mit der antiökologischen Rhetorik des brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro in Verbindung.

Wann kippt die Situation?

Angesichts des sich erwärmenden Klimas, der zunehmenden Abholzung und der immer heftigeren Brände machen sich die Wissenschaftler mehr Sorgen denn je um den Amazonas. Einige warnen, dass der Wald bald einen Wendepunkt erreichen wird, an dem sich ein Großteil in trockenes Buschland verwandeln könnte. Andere wiederum betonen, dass dafür die Daten fehlen und man nicht vorhersagen könne, wie lange der Regenwald gesund bleiben kann.

Im September 2019 haben einige Dutzend Forscher ein Wissenschaftsgremium für den Amazonas gebildet, das über den Zustand des Regenwaldes berichten sowie Vorschläge ausarbeiten soll, was zu dessen Erhaltung getan werden muss.

»Es ist ein sehr schwieriger Moment für diejenigen, die Amazonien kennen, lieben und dort arbeiten«Eduardo Góes Neves

Nahezu alle sind sich einig, dass der Amazonas in einer bedenklichen Lage ist. »Es ist ein sehr schwieriger Moment für diejenigen, die Amazonien kennen, lieben und dort arbeiten«, sagt Eduardo Góes Neves, Archäologe an der Universität von São Paulo in Brasilien. Unabhängig von der Jahreszeit ist die Temperatur über dem Baumkronendach immer so hoch, dass die Forscher schwitzen, wenn sie dort auf einen Beobachtungsturm klettern. Die Luft ist voller Feuchtigkeit, die das Ökosystem des Regenwaldes aufrechterhält.

Nur wenn genügend gesunde Bäume vorhanden sind, funktioniert der Wasserkreislauf, der den Amazonas am Leben erhält. Ein Wassermolekül, das den Amazonas durchquert, kann bis zu sechsmal als Regen fallen. Wenn durch Dürre, Feuer oder Abholzung zu viele Bäume beschädigt werden, sinkt die Niederschlagsquote, und dadurch gibt es weniger Vegetation – ein Teufelskreis. Letztendlich könnte dies große Regionen des Amazonas in ein Ökosystem verwandeln, das eher einer Savanne ähnelt (wenn auch mit einer viel geringeren Artenvielfalt). Nur der westliche Amazonas in der Nähe der Anden würde üppig bleiben – dort werden Luftströmungen über die Berge getrieben, wodurch Wasserdampf kondensiert und als Regen fällt.

Was hilft gegen die Brände?

Im Jahr 2018 schlug Carlos Nobre, Klimaforscher an der Universität von São Paulo, Alarm. Der Amazonas sei möglicherweise viel näher an diesem kritischen Punkt, als viele Wissenschaftler dachten. Er und Thomas Lovejoy, ein Umweltforscher an der George Mason University in Fairfax in Virginia, schrieben in einem Leitartikel, dass der Regenwald einen Kipppunkt erreichen könnte, wenn 20 bis 25 Prozent abgeholzt würden: Dann würden Ost-, Süd- und Zentralamazonien zu einem savannenartigen Ökosystem werden. Im Dezember 2019 warnten die beiden erneut und sagten, nun sei die letzte Chance zu handeln. »Wenn das Baumsterben, das wir sehen, noch 10 bis 15 Jahre anhält, dann wird sich der südliche Amazonas in eine Savanne verwandeln«, sagt Nobre gegenüber »Nature«.

Wenn das passiert, trifft es nicht nur Millionen von Menschen und Tieren in der Region. Es könnte auch bedeuten, dass durch das Absterben der Bäume und das Verbrennen der Vegetation Milliarden Tonnen Kohlendioxid in die Atmosphäre ausgestoßen werden. Zusätzlich könnte es als Resultat in ganz Zentral- und Südamerika weniger regnen, und das Klima könnte sich langfristig verändern.

Der Amazonas-Regenwald könnte bald seinen gefährlichen Kipppunkt erreichen

Die Prognose basiert laut Nobre teilweise auf Simulationen aus dem Jahr 2016, die nachzeichneten, wie der Wald der 1970er Jahre (bevor sich die Abholzung beschleunigte) im Jahr 2050 in verschiedenen Szenarien aussehen würde. Die Forscher modellierten zunächst, wie das regionale Klima im Amazonasgebiet beeinflusst werden könnte, indem sie verschiedene Projektionen über den künftigen Klimawandel, das Ausmaß der Entwaldung und die Zunahme der Brände verwendeten. Dann simulierten sie, wie sich der ursprüngliche Regenwald unter diesen veränderten Klimabedingungen entwickelt hätte. Als sie den Waldverlust von 20 Prozent und die zunehmenden Brände modellierten, überlebte mehr als die Hälfte des Waldes bis 2050 nicht. Bei der Modellierung wurde nicht untersucht, wie schnell der Wald in den 80 Jahren der Simulation sterben würde.

»Wenn das Baumsterben, das wir sehen, noch 10 bis 15 Jahre anhält, dann wird sich der südliche Amazonas in eine Savanne verwandeln«Carlos Nobre

Nicht alle sind sich über die Zahl von 20 Prozent einig. Paulo Brando, ein Tropenökologe an der University of California, Irvine, sagt, es könnte mehr Abholzung nötig sein, um einen kritischen Punkt zu erreichen – doch die Hauptsache sei, dass diese erst gar nicht stattfinde. »Wir spielen russisches Roulette mit der Natur«, sagt er.

Und einige andere Forscher sind sich nicht sicher, ob es überhaupt möglich ist, kritische Entwaldungsschwellenwerte zu definieren. »Die Forschung ist sich darüber weitgehend einig«, sagt Peter Cox, Klimaforscher an der University of Exeter, der als einer der Ersten in den 2000er Jahren einen möglichen Kipppunkt im Amazonasgebiet eingehend untersucht hat. »Ich glaube nicht, dass es derzeit eine starke wissenschaftliche Grundlage für die Definition genauer Schwellenwerte für die Entwaldung oder die globale Erwärmung gibt«, sagt er. Er fügt hinzu, dass die Idee den falschen Eindruck erwecken könnte, der Amazonas sei unterhalb einer bestimmten Schwelle der Entwaldung sicher und oberhalb dieser Schwelle zum Scheitern verurteilt. Die Wissenschaftler sind sich jedoch einig, dass mehr globale Erwärmung und mehr Abholzung den Regenwald einem erhöhten Risiko aussetzen.

Als der Begriff erstmals eingeführt wurde, bezog sich ein Kipppunkt auf einen abrupten Zustandswechsel: im Fall des Amazonas beispielsweise, wenn sich Regionen schnell in trockenes Buschland verwandeln. Aber einige verwenden ihn heute lockerer, sagt Cox, um auf Bedingungen hinzuweisen, die unweigerlich zu großen und gefährlichen Schäden führen, selbst wenn es keinen abrupten Moment der Veränderung gibt.

Große Teile des Regenwald-Ökosystems sind bereits abgeholzt

Unklare Belastbarkeit

Ein Teil des Problems besteht darin, dass ein Mangel an Daten es schwierig macht vorherzusagen, wie sich Klimawandel, Entwaldung und Brände überschneiden und wie der Wald reagieren wird. Eine große Unsicherheit besteht darüber, wie sich ein wärmeres, mit CO2 angereichertes Klima auf den Amazonas auswirken würde. Zusätzliches CO2 könnte dem Wald zum Gedeihen verhelfen – doch ein niedriger Gehalt des Nährstoffs Phosphor im Boden der Region könnte das Pflanzenwachstum einschränken, sagt Anja Rammig, Ökologin an der Technischen Universität München.

Rammig und andere hoffen seit Jahren, die Auswirkungen erhöhter CO2-Konzentrationen im Amazonasgebiet testen zu können, indem das Gas aus Türmen in 30 Meter breite, kreisförmige Waldgebiete gepumpt und dann beobachtet wird, wie sich dies auf das Ökosystem auswirkt. Forscher haben ähnliche Experimente – so genannte Freiluft-CO2-Anreicherung (FACE) – in anderen Wäldern durchgeführt, aber nicht in tropischen. Mehrere FACE-Versuche haben ergeben, dass junge Wälder bei erhöhtem CO2-Gehalt anscheinend schneller wachsen, während reife Eukalyptusbäume keine zusätzliche Biomasse gewannen, wie eine Studie aus Australien berichtet.

Im Jahr 2013 erhielten die Forscher 1,25 Millionen US-Dollar von der Inter-Amerikanischen Entwicklungsbank, um das Amazonas-FACE-Projekt in Gang zu bringen. Doch die politischen und wirtschaftlichen Turbulenzen in Brasilien ab 2015 führten dazu, dass die Finanzierung der Studie nicht verlängert wurde. Die Forscher sammelten grundlegende Messungen über das Verhalten von Baumparzellen, haben jedoch noch keine Türme zum Abpumpen von CO2 gebaut. Im Moment messen sie die Auswirkungen hoher CO2-Konzentrationen auf einzelne Setzlinge. »Es ist etwas Neues, aber es wird uns nicht die Antworten auf der Ökosystem-Skala geben, die wir mit einem echten FACE-Experiment erhalten würden«, sagt David Lapola, ein Forscher an der Universität Campinas, Brasilien, und einer der Leiter des Amazonas-FACE-Teams.

Politische Probleme erschweren Förderung der Forschung

Eine weitere Ungewissheit ist, wie man Brände modellieren kann. Die meisten Brände im Amazonasgebiet wurden absichtlich gelegt – entweder von Bauern, um den Boden zu düngen, oder von Viehzüchtern, um abgeholztes Land für das Vieh zu roden. In feuchten Jahren verbreiten sich die Brände weniger leicht, aber in trockeneren Jahren sterben mehr Bäume, und die Flammen steigen höher, sagt Brando. Sobald ein Wald von einem Feuer getroffen wird, werden die Flächen trockener und damit brennbarer: »Der Wald verwandelt sich in einen Schweizer Käse, der voller Löcher ist. Und durch diese Löcher kommen mehr Wind und mehr Sonnenlicht«, sagt Erika Berenguer, eine Tropenökologin, die an der University of Oxford und der Lancaster University tätig ist.

Mehr Waldbrände deuten auf mehr Abholzung

Im Januar 2020 veröffentlichten Brando und andere ein Paper, dem zufolge ein wärmeres, trockeneres Klima die Fläche des verbrannten Waldes im südlichen brasilianischen Amazonasgebiet in den nächsten drei Jahrzehnten verdoppeln könnte. Ihre Studie weist darauf hin, dass selbst ohne Abholzung der Wälder allein der Klimawandel in den kommenden Jahren unweigerlich zu einer Vergrößerung der verbrannten Fläche führen wird.

Die Forscher müssen auch besser verstehen, wie Hunderte von Baumarten des Amazonas auf Hitze und Dürre reagieren, sagt Oliver Phillips, ein Tropenökologe an der University of Leeds. Dazu sind umfangreiche Labor- und Feldversuche erforderlich, wie etwa die Einrichtung eines Systems, das eine Dürre simuliert, indem es Wassertröpfchen auffängt, bevor sie den Boden erreichen. Studien haben solche Daten in bewaldeten Gebieten Ostamazoniens gesammelt, nicht aber im heißeren und trockeneren südlichen Amazonas, sagt Phillips.

Wenn Wissenschaft politisch brisant wird

Doch Bolsonaro fördert keine Wissenschaft, die helfen könnte, Antworten auf die Frage nach der Widerstandsfähigkeit des Amazonas finden könnte. Während seines Wahlkampfes sagte er der Brasilianischen Akademie der Wissenschaften, er halte es für möglich, die Investitionen in die Forschung bis zum Ende der kommenden Amtszeit des Präsidenten von 1,3 Prozent auf 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu erhöhen. Seit dem Amtsantritt seiner Regierung hat das bereits stark geschrumpfte Forschungsbudget allerdings zusätzliche Kürzungen erfahren. 2019 entließ Bolsonaro den Direktor des Nationalen Instituts für Weltraumforschung, das für die Satellitenüberwachung im Amazonasgebiet zuständig ist. Der Präsident hatte die Berichte des Instituts über die Entwaldungsraten als Lügen verunglimpft. Das ließ die brasilianischen Forscher vorsichtig werden, wenn es um Veröffentlichungen ging, die die Regierung verärgern könnten. Im gleichen Jahr beschlossen mehrere Wissenschaftler, nicht als Autoren einer Studie über die Ursachen der Waldbrände vom August aufzutreten, da sie Vergeltungsmaßnahmen der Regierung befürchteten.

Feuer auf Rekordhoch | 2019 war kein Dürrejahr. Dennoch brannte es im August an so vielen Stellen wie zuletzt 2010, als Wasserknappheit den Feuern Vorschub leistete.

Priorität hat, die Entwaldung zu stoppen. Zudem muss das Wachstum neuer Wälder in degradierten Gebieten gefördert werden. Eine Studie aus dem Jahr 2016, die Tausende von Parzellen an 45 Standorten in Südamerika analysierte, zeigte, dass Sekundärwälder, die auf verlassenen landwirtschaftlichen Flächen entstanden sind, riesige Mengen an Kohlenstoff aufnehmen können, und zwar bis zu elfmal schneller als klassisch gewachsene Wälder.

»Es gibt ein sehr hohes Potenzial für die Wiederaufforstung im Amazonasgebiet, insbesondere in Gebieten, die erst kürzlich gerodet wurden oder verbrannt sind und nicht für die landwirtschaftliche Produktion genutzt wurden«, sagt Robin Chazdon, ein Experte für die Wiederaufforstung von Tropenwäldern an der University of the Sunshine Coast in Sippy Downs, Australien.

In Gebieten, die stark abgeholzt wurden, sind die Dinge komplizierter. Laut einer Studie aus dem Jahr 2019 erfolgte der Wiederaufwuchs zwischen 1999 und 2017 in einem Amazonasgebiet, das in den letzten Jahrzehnten mehrmals abgeholzt wurde, nur langsam; die daraus resultierenden Wälder akkumulieren weniger Kohlenstoff und weisen eine geringere Artenvielfalt als einheimische Primärwälder auf.

Im Rahmen des Pariser Klimaabkommens von 2015 verpflichtete sich Brasilien, bis 2030 120 000 Quadratkilometer Wald wieder aufzuforsten. Nobre gaubt, dass Brasilien längerfristig noch mehr – etwa 200 000 Quadratkilometer – in Süd- und Ostamazonien aufforsten muss, den am stärksten von der Abholzung betroffenen Gebieten.

»Es gibt ein sehr hohes Potenzial für die Wiederaufforstung im Amazonasgebiet, insbesondere in Gebieten, die erst kürzlich gerodet oder verbrannt und nicht für die landwirtschaftliche Produktion genutzt wurden«Robin Chazdon

Nobre und andere haben auch einen Plan zur nachhaltigen Vermarktung von Produkten aus dem Amazonasgebiet vorgelegt. Ihnen zufolge steckt in bestimmten Nahrungsmitteln – darunter die Paranuss und Früchte wie Guarana und Açai – ein ungenutztes Potenzial: Diese werden zwar bereits verkauft, könnten aber im industriellen Maßstab produziert werden. Der Plan sieht die Wiederherstellung von degradierten Gebieten durch Landwirtschaftssysteme mit geringen Auswirkungen vor, wie die Agroforstwirtschaft, in der die Bauern neben Bäumen und Sträuchern Nahrungspflanzen anbauen.

Kohlenstoffsteuer zum Schutz der Tropenwälder

Aber Bolsonaros Politik geht in eine andere Richtung. Im November 2019 hob die Regierung ein zehnjähriges Verbot des Zuckerrohranbaus im Amazonasgebiet auf. Und ein Gesetzentwurf zur Regulierung des Bergbaus und der Ölförderung in indigenen Gebieten wird demnächst im brasilianischen Nationalkongress eingebracht werden. Sollte er verabschiedet werden, könnte er große Teile des gut erhaltenen Waldes bedrohen, der von indigenen Gemeinschaften verwaltet wird.

Im Januar 2020 kündigte die Regierung die Gründung einer Agentur namens Amazonas-Rat an, die »die Aktivitäten zum Schutz, zur Verteidigung und zur nachhaltigen Entwicklung im Amazonasgebiet koordinieren« soll. Viele Wissenschaftler stehen diesem Vorhaben skeptisch gegenüber. Paulo Artaxo, ein Atmosphärenphysiker an der Universität von São Paulo, sagt, der Rat sei nur geschaffen worden, »um den Eindruck zu erwecken, dass etwas getan wird«. Die Regierung reagierte nicht auf die Bitte von »Nature« um einen Kommentar.

Die Regierung täte besser daran, so Artaxo, den Amazonas-Fonds wieder in Betrieb zu nehmen. Der Fonds, der 2008 zur Unterstützung des Naturschutzes und der nachhaltigen Entwicklung eingerichtet wurde, hatte von internationalen Spendern fast 1,3 Milliarden Dollar erhalten, doch ein Erlass der Regierung Bolsonaro hat seine Finanzierungsmechanismen im April 2019 einseitig umstrukturiert. Die wichtigsten Geldgeber, Norwegen und Deutschland, haben ihre neuen Zahlungen umgehend eingefroren und Brasilien beschuldigt, das Abkommen gebrochen zu haben. »Die Regierung hat bisher gezeigt, dass sie kein Interesse am Erhalt des Amazonas hat«, sagt Artaxo.

Anfang Februar 2020 unterzeichneten mehr als 1000 Wissenschaftler einen offenen Brief, in dem sie davor warnten, dass »die Regierung von Präsident Jair Bolsonaro die Sozial- und Umweltpolitik des Landes demontiert«. »Es ist eine Notsituation«, sagt Adriane Esquivel Muelbert, Ökologin an der University of Birmingham, Großbritannien, und eine der Unterzeichnerinnen des Briefes. »Wir können das Problem lösen, aber wir müssen jetzt handeln.«

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