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News: Tod aus 130 Lichtjahren Entfernung

Im Laufe der Erdgeschichte kam es immer wieder zu dramatischen Zwischenfällen, denen unzählige Tier- und Pflanzenarten zum Opfer fielen. Der Asteroideneinschlag am Ende der Kreide ist nur der dramatischste von allen. Ungleich gewaltiger war aber womöglich die Ursache für ein Massensterben vor rund zwei Millionen Jahren: eine Supernova.
Scorpius-Centaurus-Haufen
Zugegeben, im Vergleich zu den großen Massensterben am Ende von Perm und Kreide kamen die meisten Tier- und Pflanzenarten vor rund zwei Millionen Jahren mit dem Schrecken davon. Aber immerhin verschwanden seinerzeit zahlreiche marine Organismen von der Bildfläche, darunter auch verschiedene Muschelarten. Und zwar weltweit, was die Forscher seit langem über die Ursache rätseln lässt.

Schon in den fünfziger Jahren kam die Idee auf, dass der Tod aus dem All kam - nicht wie im Fall der Dinosaurier in Gestalt eines Asteroiden, sondern als Folge einer Supernova, der Explosion eines Sterns also, der wenigstens achtmal so massereich war wie unsere Sonne. Die Erde sei demnach einem Bombardement kosmischer Strahlen ausgesetzt gewesen. Die Ozonschicht wäre ausgedünnt und hätte die Lebewesen nicht mehr vor der tödlichen UV-Strahlung der Sonne schützen können.

Doch damit eine Supernova der Erde gefährlich werden konnte, musste sie sich in relativ nah der Erde ereignen. In der Tat hatten Klaus Knie von der Technischen Universität München und seine Mitarbeiter schon 1999 in marinen Gesteinen aus jener Zeit ungewöhnlich hohe Konzentrationen des Eisenisotops 60Fe nachgewiesen. Dieses Isotop, so vermuteten die Forscher damals, sei Hinweis auf heftige kosmische Strahlung, wie sie von einer Supernova ausgehen könne [1].

Jetzt gingen Forscher unter der Leitung von Narciso Benítez von der Johns Hopkins University noch einen Schritt weiter, indem sie in der näheren Umgebung der Erde nach potenziellen Explosionsorten suchten [2]. Wenngleich schon viele Supernovae beobachtet wurden, in unserer Heimatgalaxie war Johannes Kepler der letzte, der ein solches Ereignis beschrieb - und das war im Jahr 1604. Aber selbst die war viel zu weit entfernt, um auf der Erde Schaden anzurichten.

Besonders verdächtig erschien den Forschern der Scorpius-Centaurus-Haufen, eine Ansammlung relativ junger Sterne, die wohl aus ein und derselben Gas- und Staubwolke kondensierten. Hier, so vermutet Benítez' Arbeitsgruppe, war es in der Vergangenheit womöglich zu einer Supernova gekommen, die auf der Erde so schwerwiegende Folgen hatte.

Der Scorpius-Centaurus-Haufen besteht aus drei Sterngruppen unterschiedlichen Alters: Lower Centaurus Crux, Upper Centaurus Lupus und Upper Scorpius. Nach Ansicht der Forscher hätten sich dort potenzielle Supernovae vor zehn, sieben beziehungsweise zwei Millionen Jahren ereignet. Während der jüngsten Periode wäre eine solche Sternexplosion gerade einmal 130 Lichtjahre von der Erde entfernt erfolgt.

Benítez ist sicher, dass die Erde aus dieser Entfernung dem heftigen Strom kosmischer Strahlen ausgesetzt gewesen wäre. Die subatomaren Partikel hätten in der Erdatmosphäre zur Bildung von Stickstoffmonoxid geführt, das seinerseits die vor den tödlichen UV-Strahlen der Sonne schützende Ozonschicht zerstört hätte. Die Forscher berechneten, dass die kosmische Strahlung ausreichte, um 60 Prozent der Ozonschicht zu zerstören. Das empfindliche Plankton wäre daraufhin weitgehend abgestorben - und mit ihm die Lebensgrundlage zahlreicher Meeresbewohner.

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