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Genetik: Tomaten-Reifezeit

Unreife Früchte verlocken nicht gerade zum Reinbeißen, sind sie doch hart, sauer und grün. Erst angehäufte Carotinoide sorgen in Tomaten für die leuchtend rote Schale – dem Signal zum unbedenklichen Genuss. Am Reifegrad lässt sich offenbar über bestimmte Stellschrauben drehen.
Tomaten
Um den Samen möglichst breit in der Umgebung zu streuen, spannen viele Pflanzen Tiere für ihre Zwecke ein: Die ahnungslosen Transporteure locken sie mit gewöhnlich nahrhaften, häufig süß schmeckenden Früchten an, die zur Reifezeit meistens auffällig gefärbt sind oder einen intensiven Geruch verströmen. Während die Tiere das Fruchtfleisch verdauen, passiert der Samen unbeschädigt den Darm und wird mitunter weit entfernt von der Mutterpflanze wieder ausgeschieden. Der Grundstein für die nächste Generation ist gelegt.

Tomaten | Die Abbildung zeigt reife Früchte von normalen und genetisch veränderten Tomatenpflanzen: Als die Forscher die zwei vermutlich an der Lichtsignal-Weitergabe beteiligten Erbanlagen LeCOP1LIKE (zweite von links) und LeHY5 (ganz rechts) unterdrückten, legten die Früchte im Vergleich zu jenen von unbehandelten Pflanzen (zweite von rechts) eine unterschiedliche Pigmentierung an den Tag. Das Gen hp1 (ganz links) scheint auch am Lichtsignal-Weg beteiligt zu sein.
Die attraktive Färbung der reifen Früchte beruht typischerweise auf Farbstoffe wie Carotinoide oder Flavonoide, die für den Konsumenten mit zusätzlichem Nutzen verbunden sind: Denn zu den Carotinoiden zählende Verbindungen dienen als Vorläufer von essenziellen Aminosäuren und Antioxidantien, die freie Radikale einzufangen vermögen. Obwohl Forscher jenen Erbanlagen nachstellen, die an der Carotinoid-Biosynthese beteiligt sind, blieben die zugrundeliegenden molekularen Faktoren in diesem Prozess bislang weitgehend unbekannt.

Zunehmendes Beweismaterial deutet darauf hin, dass Licht bei der Fruchtreifung eine Rolle spielt: So erhöhen beispielsweise Mutationen den zwei high-pigment-Genen hp1 und hp2 sowohl die Lichtempfindlichkeit als auch die Pigmentierung bei Tomatenpflanzen. Ein Team um Yongsheng Liu vom Boyce Thompson Institute for Plant Research versuchte nun, diese Vorgänge eingehender zu beleuchten. Als die Wissenschaftler die DNA-Sequenz von hp1 analysierten, stellten sie fest, dass es dem Gen DDB1 der Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) entspricht. Da DDB1 mit einem Protein interagiert, das die Lichtsignal-Wege hemmt, vermuteten die Forscher eine ähnliche Funktion für hp1.

Um zu untersuchen, ob die Lichtsignal-Wege tatsächlich die Pigmentierung von Tomaten beeinflussen, unterdrückten sie zwei in Frage kommende Gen-Kandidaten: LeHY5 und LeCOP1LIKE. Und die Folgen dieser Behandlung waren offensichtlich: Pflanzen mit herunter reguliertem LeHY5 zeigten Mängel in der Antwort auf Licht – so war die Fotosynthese bei Keimlingen gehemmt und die Anhäufung von Carotinoiden reduziert. Im Gegensatz dazu entwickelten Pflanzen, bei denen die Ablesung von LeCOP1LIKE blockiert war, verstärkt dunkelgrüne Blätter. Zudem war ihr Carotinoid-Gehalt ähnlich wie bei den hp1-Mutanten erhöht.

Bei den zwei Genen LeHY5 und LeCOP1LIKE handelt es sich offenbar um positive und negative Regulatoren für die Pigmentierung von Tomaten, schlussfolgern die Wissenschaftler um Liu. Wie die Ergebnisse ihrer Studie nahe legen, beeinflussen Erbanlagen, die für Komponenten der Lichtsignal-Weitergabe-Maschinerie kodieren, somit auch den Reifeprozess. Und eine gezielte Manipulation dieser Gene könnte helfen, so spekulieren die Forscher, die Qualität und den Nährwert von Früchten zu verbessern.

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