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Forscherwelt: Top oder Flop?

Welches sind die beliebtesten Forschungszentren der Erde? Eine aktuelle Umfrage weiß die Antwort: Das California Institute of Technology und die University of Toronto bieten alles, was Wissenschaftlerherzen höher schlagen lässt. Auch vom unteren Ende der Beliebtheitsskala wurde kürzlich eine Rangliste veröffentlicht: Sie zeigt, welche Forschungsfelder man am besten meidet, weil dort der Frust- und Ekelfaktor besonders hoch ist.
Der Homo academicus war in früheren Zeiten noch eine seltene Spezies. Wissenschaftler wurde man, weil man sich dazu berufen fühlte: Leute wie Galilei, Newton und Einstein widmeten ihr Leben der Forschung, weil sie auf der Suche nach ewigen Wahrheiten eben wissen wollten, "was die Welt im Innersten zusammenhält". Zugegeben, auch damals gab es trotz dieser edlen Motive den einen oder anderen Ellbogencheck im Dienste der Karriere, wie etwa die gleichermaßen berühmte wie unschöne Auseinandersetzung um die Erfindung der Infinitesimalrechnung zwischen Newton und Leibniz zeigt.

Dennoch lässt sich sagen: Wissenschaft zu betreiben, war bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts wohl eher eine Frage der Berufung, heute ist das Forscherdasein hingegen ein ganz normaler Beruf. Und zwar einer, den nicht gerade wenige ergriffen haben, arbeiten doch weltweit mehr als drei Millionen Menschen im Dienste der wissenschaftlichen Erkenntnis. Grund genug, einmal zu fragen: Welches sind eigentlich die beliebtesten Arbeitgeber, und wo gibt es die besten Jobs in der Wissenschaft?

Die beliebtesten Forschungszentren der Welt

Die Antwort darauf weiß das Magazin The Scientist, das zu diesem Thema eine Umfrage unter knapp 1500 Wissenschaftlern veröffentlicht hat. Diese ergab, dass gute Laborausstattung und fachliche Kooperationsmöglichkeiten für naturwissenschaftliche Forscher Priorität haben, und zwar völlig unabhängig von ihrer geografischen Herkunft. Als sehr wichtig werden laut der Umfrage auch folgende die Bereitstellung von Geldmitteln für Forschungsprojekte, ausreichende Unterstützung für neue Mitglieder der Fakultät sowie Transparenz in Sachen Karriereplanung erachtet.

Die Befragung förderte auch landesspezifische Prioritäten zutage: US-Forscher finden es besonders wichtig, dass am Arbeitsplatz ihrer Wahl auch Einrichtungen zur Gesundheitsvorsorge vorhanden sind, während das bei Europäern nur eine untergeordnete Bedeutung aufweist. Wie Maria Anderson von The Scientist vermutet, dürfte das auch mit den unterschiedlich ausgeprägten staatlichen Gesundheitssystemen zu tun haben.

Das Ergebnis solcher Umfragen wird nur zu gern als Rangliste wiedergeben. Und so listet auch The Scientist nun die beliebtesten Forschungsinstitutionen: Innerhalb der USA belegte das California Institute of Technology in Pasadena Platz eins, mit 500 Postdocs und 280 Fakultätsmitgliedern eine relativ kleine Einrichtung. Wie William Tivol betont, dürften die Überschaubarkeit des Instituts sowie die dort herrschende kooperative Atmosphäre der Grund für dessen Beliebtheit sein: "An vielen Orten spricht man über interdisziplinäre Forschung, aber am Caltech wird sie Wirklichkeit. Die außerordentlich hohe Qualität der Forscher und Studenten führt zu einem lebhaften Ideenaustausch und zu sehr kreativen Forschungsprojekten", so der Leiter der dortigen Abteilung für Kryoelektronen-Mikroskopie. Eine Einschätzung, der Richard Feynman – seines Zeichens größter Spaßmacher unter den Physikern des 20. Jahrhunderts – vermutlich zugestimmt hätte. Der Nobelpreisträger des Jahres 1965 blieb den größten Teil seiner Karriere an dem kalifornischen Institut – und das, obwohl man ihm andernorts viel lukrativere Angebote gemacht hatte. Der Grund dafür war, wie er in seiner Autobiografie bekennt, vor allem atmosphärischer Natur.

Bekannt heißt nicht unbedingt beliebt

Zurück zur Rangliste: Auf den Plätzen zwei bis fünf folgen die Purdue University, das Fred Hutchinson Cancer Research Center, die University of Nebraska sowie die Cornell University. Allesamt zwar bekannte Institutionen, aber eben doch nicht die großen Namen: Harvard, Stanford, Berkeley und das MIT gehören zwar nach einem aktuellen Ranking des Institute of Higher Education zu den fünf erfolgreichsten Forschungsinstitutionen der Welt, in die Liste der beliebtesten Einrichtungen haben sie es indes nicht geschafft.

Ähnlich auch das Bild außerhalb der USA: Die akademischen Edelschmieden Oxford und Cambridge wird man in den Top Ten der beliebtesten Universitäten und Forschungszentren vergeblich suchen. Stattdessen führen zwei kanadische Institutionen die Rangliste an, nämlich die University of Toronto und die University of Alberta. Platz zwei bis fünf belegen die University of Dundee in Schottland, die Dalhousie University in Kanada sowie das Forschungszentrum INRA in Frankreich.

Berichte aus der Regionalliga

Soweit die aktuellen Erhebungen über die Sonnenseite der Wissenschaft, auf der sich die hoch dekorierten Stars aufhalten. Nur: Was weiß man eigentlich vom wissenschaftlichen Fußvolk – und vor allem von jenen, die nicht in der Champions League, sondern vielmehr in der unteren Regionalliga tätig sind? Darüber gibt es in Nature, Science, Cell und den anderen Top-Journalen selten bis nie etwas zu lesen. Für solche und überhaupt alle abseitigen Fragen ist die Zeitschrift Popular Science zuständig, die uns mit einer höchst informativen Artikelserie über die miesesten Jobs der Wissenschaft versorgt hat.

Eines vorweg: Die angeführten Arbeitsfelder existieren wirklich, hinter jeder Tätigkeit stehen reale Personen, die auf diese Weise ihren Lebensunterhalt verdienen. Und das natürlich unter widrigen Bedingungen, wie nicht weiter betont werden muss.

Der mieseste Job der Wissenschaft: Analwarzen-Forschung

Gründe, einen Job abstoßend zu finden, gibt es viele. Um hier eine gewisse Systematik in die Sache zu bringen, hat Popular Science einen sehr nützlichen Icon-O-Graphen entwickelt. Dabei handelt es sich um eine Reihe von Piktogrammen, mittels derer angezeigt wird, warum man das jeweilige Arbeitsgebiet besser meiden sollte.

Auf Platz eins der Rangliste haben es Naomi Jay und Joel Palefsky von der University of California in San Francisco geschafft. Sie widmen ihr wissenschaftliches Lebenswerk der Analwarzen-Forschung, die laut Icon-O-Graph zwei entscheidende Nachteile aufweist: Sie beinhaltet zum einen Kontakt mit Verdauungsprodukten, die eigentlichen Untersuchungsobjekte – bis zu 10 Zentimeter große Warzen – gehören zudem nicht gerade zu den ästhetischen Meisterwerken von Mutter Natur. Naomi Jay nimmt es aber offensichtlich mit Humor: Die Krankenschwester bezeichnet sich selbst – frei übersetzt – als Popo-Königin ("He's the tushie king, and I'm the tushie queen") und plaudert auch sonst sehr freimütig über ihre Tätigkeit. Der eigentliche Supergau, nämlich dem Patienten irrtümlich entfleuchte Darmgase, sei in ihrer 13-jährigen Karriere aber erst zwei Mal passiert. Das sei, so meint sie, doch gar nicht so schlecht.

Die weiteren Plätze der Top beziehungsweise wohl eher Flop Five belegen: Wurm-Parasitologen, Labortier-Veterinäre, Tampon-Ausquetscher (ja, auch das gibt es) und Deponie-Wächter. Wie der Mitherausgeber des Journals, William "Speed" Weed, in seinem Einführungsartikel betont, sei bei den Recherchen zum Thema ein interessantes Phänomen aufgetreten. Bei der Umfrage zu den miesesten Jobs der Branche wurde von Forschern recht häufig das Fach "Wissenschaftsjournalismus" nominiert...

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