Wildtierbeobachtung: Touristen helfen Tierforschern auf die Sprünge
In der Regel sind Forscher und Touristen aus demselben Grund in Wildtierreservaten: Sie wollen Tiere beobachten. Weil viele Augen bekanntlich mehr sehen, stattete ein Team um den Forscher und Tierschützer Kasim Rafiq von der Liverpool John Moores University Urlauber mit kleinen GPS-Trackern aus und schickte sie in Afrika auf Safari. Hinterher schauten sich die Forscher die Fotos an, welche die Touristen geschossen hatten. Darauf erkannten sie nicht nur Vertreter verschiedener Arten, sondern auch einzelne (zum Beispiel verletzte) Tiere. Mit Hilfe der GPS-Daten konnte das Team diese ausfindig machen – und die jeweiligen Bestandsdichten berechnen. Bei vier von fünf Tierarten lieferten die Touristenfotos ähnliche Ergebnisse wie herkömmliche Messmethoden. Vielleicht könnten Forscher mit unseren Urlaubsbildern also Zeit und Geld sparen. Die Auswertung der Fotos habe aber noch recht lange gedauert, schreibt das Team in der Fachzeitschrift »Current Biology«.
Normalerweise werden Tiere in Afrika mit Wildkameras, per Spurensuche oder mit Hilfe von »Call-in«-Stationen beobachtet. Löwen und Leoparden werden beispielsweise mit Hilfe bestimmter Geräusche dorthin gelockt und abgelichtet. Das kann allerdings ins Auge gehen. »Einmal hat sich ein Elefant auf eine der Kameras gesetzt. Ein anderes Mal ist ein Löwe mit der Kamera davongerannt«, erzählt Rafiq. Touristen sind da wohl zuverlässiger und kooperieren meist gern mit Forschern. 26 Freiwillige fotografierten insgesamt 78 Tage lang für das Team. Sie gehörten verschiedenen Touristengruppen an, die von Guides nacheinander durch einen Teil des Moremi-Wildreservats in Botswana geschleust wurden. Auf den 25 000 Bildern, die sie geknipst hatten, erkannte die Forschergruppe sogar Geparden. Rafiq und seinen Kollegen war es mit anderen Methoden noch nicht gelungen, diese Raubtiere in der Gegend aufzuspüren.
»Die von Touristen gelieferten Daten geben die Tierbestände in bestimmten Regionen ähnlich gut wieder wie traditionelle Methoden – und sind viel günstiger«, sagt Rafiq. Seine Gruppe kommt zu dem Ergebnis, dass sich mit Hilfe der Touristenmethode bis zu 97 Prozent der Kosten, die für die Wildtierbeobachtung üblicherweise anfallen, einsparen ließen. Das Team um Rafiq sieht daher großes Potenzial in der »Bürgerforschung« (englisch: citizen science). Indem es sie in ihre Forschung miteinbezieht, möchte es den Touristen außerdem verdeutlichen, wie wichtig der Tierschutz ist. Die zeitaufwändige Auswertung der Fotos könnte laut den Forschern in Zukunft vielleicht eine künstliche Intelligenz übernehmen – dann würde es womöglich noch günstiger.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.