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News: Transistor auf der Überholspur

Wissenschaftler arbeiten mit Hochdruck daran, dass die Übertragung von Daten in Computern immer schneller und sicherer wird. Ein neuer Transistor, bei dem Germanium auf einen Siliziumwafer aufgedampft wurde, könnte nun neue Geschwindigkeitsrekorde aufstellen.
In der Kommunikationstechnologie ist es ein bisschen wie im Sport: Die Maxime lautet besser, schneller, leistungsfähiger. Und auch in dieser Disziplin gibt es Höchstleistungen. Michael Horn-von Hoegen vom Institut für Laser- und Plasmaphysik an der Universität Essen, und Karl Hofmann von der Universität Hannover ist etwas Rekordverdächtiges gelungen: Sie haben einen Transistor, also ein elektronisches Schaltelement, aus Germanium auf einem Siliziumwafer hergestellt, in dem sich die Elektronen mit 80 Prozent ihrer maximal möglichen Geschwindigkeit bewegen. Silizium-Computer-Chips mit dem neuen Transistor wären damit schneller als jemals zuvor.

Mikroprozessoren und Speicherchips, wie sie in der Computer- oder Kommunikationstechnologie verwendet werden, bestehen aus mehreren Millionen Metall-Oxid-Feldeffekttransistoren, sogenannten MOSFETs, die fast alle aus dem Halbleiterelement Silizium hergestellt sind. Der Übertragung immer größerer Datenmengen in immer kürzerer Zeit sind die Silizium-Chips aber kaum noch gewachsen, denn in Silizium bewegt sich elektrischer Strom relativ langsam. Zwar konnte der Elektronenfluss bislang durch ständiges Verkleinern der Transistoren immer schneller gemacht werden, doch ist hier die Schallgrenze erreicht. Physikalische und technische Grenzen verhindern eine weitere Miniaturisierung der MOSFETs.

Horn-von Hoegen und Hofmann erinnerten sich eines anderen Halbleiterelements. In Germanium bewegen sich Elektronen von Natur aus zwei- bis dreimal schneller als in Silizium – eine seit langem bekannte Tatsache, aber: Die Herstellung eines Germanium-Transistors ist mit Hindernissen verbunden.

Problem Nummer eins: Bei der Transistor-Herstellung muss das Halbleiterelement auf eine Siliziumscheibe, einen sogenannten Wafer, aufgedampft werden – "Molekularstrahlepitaxie im Ultrahochvakuum" heißt die Technik, die dabei angewendet wird. Germanium aber lässt sich nur schwer auf Silizium auftragen, denn sein Kristallgitter ist um vier Prozent größer als das des Siliziums – statt eine saubere Verbindung einzugehen, reißt die Germaniumschicht auf und bildet kleine Tropfen, "Inseln", die den Elektronenfluss nahezu ausbremsen.

Ein Austausch des Siliziumwafers durch einen Germaniumwafer bringt keine Problemlösung. Germanium ist wesentlich teurer als Silizium, und eine Produktion großer Scheiben – Voraussetzung für die industrielle Chip-Produktion – ist technisch nicht möglich. Der Einsatz "atomarer Seife" – auch als Surfactants oder oberflächenaktive Substanzen bezeichnet – hingegen brachte das Transistor-Projekt voran. Horn-von Hoegen benutzte als "atomare Seife" Antimon. Ähnlich wie der Schuss Spülmittel die Tropfenbildung auf Gläsern verhindert, verhindert das Antimon die Inselbildung des Germaniums und ermöglicht das Wachstum einer glatten und defektarmen Schicht.

Problem Nummer zwei: Ein Teil der Antimonatome bleibt in der Germaniumschicht zurück, verändert dadurch deren elektrische Eigenschaften und macht sie für mikroelektronische Bauelemente unbrauchbar. Aber, so ermittelte Horn-von Hoegen, das Eindringen der "atomaren Seife" in die Germaniumschicht verringert sich um den Faktor 1000, wenn die Aufdampftemperatur von ursprünglich 600 auf nun 700 Grad Celsius erhöht wird.

Michael Horn-von Hoegen und Karl Hofmann haben inzwischen den Prototyp eines Germanium-Transistors hergestellt. Neben seinem konkurrenzlos hohen Arbeitstempo bietet er einen zweiten Vorteil – er lässt sich in die bestehende Silizium-Technologie integrieren. Allerdings wird es noch einige Jahren dauern, ehe Computer mit den neuen Transistoren gebaut werden.

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