Ältestes Transportmittel: Schleifspuren aus dem eiszeitlichen Amerika entdeckt

Fährtenleser und Archäologen sind sich einig: Die Spuren, die Menschen vor Jahrtausenden im einst weichen Boden des US-Nationalparks White Sands hinterließen, stammen von so genannten Stangenschleifen – einem sehr simplen, aber deswegen nicht weniger effektiven Transportmittel für schwere Lasten.
Das schließt das Team um Matthew Robert Bennett und Sally Christine Reynolds von der Bournemouth University aus der Anordnung der Spuren. Wie die Forschenden im Fachblatt »Quaternary Science Advances« schreiben, stammen die zahlreichen Fußspuren, die sie bei Ausgrabungen in New Mexico entdeckten, aus der Frühzeit der amerikanischen Besiedlung. Vor rund 21 000 bis 23 000 Jahren – und damit auf dem Höhepunkt der letzten Eiszeit – stapften hier Erwachsene und Kinder durch den Matsch, vorbei an den Fußabdrücken von Mammuts, deren Spuren ebenfalls auf natürlichem Weg konserviert wurden.
In ihrer jüngsten Veröffentlichung richteten die Wissenschaftler ihr Augenmerk auf die auffälligen Schleifspuren, die sie entlang der Fußabdrücke fanden. In ihrem Paper diskutieren sie mögliche Ursprünge dafür. Denkbar sei, dass die Menschen hier Feuerholz hinter sich hergezogen hatten. Doch viel wahrscheinlicher sei eine andere Erklärung: Die lang gestreckten Riefen im Boden seien die Abdrücke von Stangenschleifen, im Fachjargon auch Travois genannt. Deren Einsatz ist bei amerikanischen Indigenen bis in die Neuzeit belegt. Aber auch in anderen Gegenden der Welt wurden sie benutzt.
Man stellt diese Schleifen aus zwei Stangen her, die zu einem V oder einem X verbunden werden. Der Nutzer greift die Stangen am oberen Ende mit beiden Händen und lässt das untere Ende auf der Erde hinter sich herschleifen. So lassen sich auch schwere Lasten transportieren, weil ein Teil des Gewichts auf dem Boden ruht. Die Fortentwicklung dieser Schleifen sind Handkarren mit einem Rad. Räder waren damals jedoch noch nicht erfunden. Belegt ist auch, dass Schleifen von Hunden gezogen wurden, seit der Einführung von Pferden in Amerika auch von diesen.
Um ihre These zu überprüfen, stellten die Wissenschaftler eigene Experimente mit Nachbauten an und befragten indigene Fährtenleser nach deren Interpretation der Fußspuren.
Umstrittener als ihre Deutung könnte die Datierung der Spuren sein. Mit einem Alter von bis zu 23 000 Jahren sind sie verblüffend alt. Noch bis Anfang der Jahrtausendwende hatte die amerikanische Frühgeschichtsforschung kategorisch ausgeschlossen, dass der Mensch zu diesem Zeitpunkt bereits Fuß auf den Doppelkontinent gesetzt haben könnte. Dieses Bild hat sich in letzter Zeit zu wandeln begonnen, unter anderem dank Funden wie den Fußspuren aus White Sands.
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