Resilienz: Selbstkritik ist ein Risikofaktor für Traumafolgen

Wovon hängt es ab, ob man als Opfer eines Terroranschlags eine Depression, Angststörung oder Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) entwickelt? Selbstkritik und mangelndes Selbstmitgefühl könnten dabei eine wichtige Rolle spielen, berichten Forschende aus Israel in einer Studie in der Fachzeitschrift »European Journal of Psychotraumatology«.
Das Team um Efrat Barel von der Universität Haifa hatte im September 2023 in Israel 250 Menschen zu ihrer psychischen Gesundheit befragt – rund einen Monat vor dem Terrorangriff der Hamas vom 7. Oktober. Sowohl jüdische als auch arabische Israelis nahmen teil. Im Frühjahr 2024 kontaktierten die Forschenden sie erneut. 2,4 Prozent der Befragten hatten die Angriffe selbst vor Ort miterlebt; bei 16,4 Prozent war die Kernfamilie unmittelbar betroffen. Alle wurden befragt, wie viel Mitgefühl und wie viel Härte sie sich selbst gegenüber empfanden und wie stark sie sich durch andere unterstützt fühlten. Erfasst wurden außerdem Symptome psychischer Störungen.
Selbstkritik versus Selbstmitgefühl
Menschen, die sich selbst eher mit Strenge und Ungeduld begegneten, litten nach dem Anschlag stärker unter psychischen Beschwerden. Diese so genannte »Selbstkälte« erwies sich dabei als größter Risikofaktor für Anzeichen von Depression und Ängsten, aber auch für ein starkes Gefühl der Bedrohung, wie es häufig im Rahmen einer PTBS auftritt. Sich selbst gegenüber mitfühlend zu sein und soziale Unterstützung zu genießen, schützte zwar vor den negativen Auswirkungen des schicksalsträchtigen Tages. Der Einfluss war aber weniger stark als der von übertriebener Härte gegen sich selbst.
Demnach müssten Interventionen nach Terrorereignissen nicht in erster Linie darauf abzielen, eine positive und fürsorgliche innere Haltung zu fördern, schlussfolgern die Forschenden. Noch mehr komme es darauf an, harsche Selbstkritik und Selbstverachtung zu vermeiden.
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