Direkt zum Inhalt

News: Trifft Schnarcher leichter der Schlag?

Schnarchen belastet nicht nur Bettnachbarn. Manche Betroffenen leben auch ausgesprochen gefährlich: Eine verminderte Blutzufuhr für das Gehirn erhöht das Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden.
Manchen Menschen bereitet schon das Einschlafen Schwierigkeiten. Solchen Personen werden dann meist alte Hausmittel wie ein warmes Bad oder auch Schäfchen zählen empfohlen.

Bei anderen wird es erst dann gefährlich, wenn sie diese Phase hinter sich haben. Zwar leiden vor allem unfreiwillige Zuhörer, doch ist bekannt, daß auch die Gesundheit der Schnarcher selbst unter dieser Störung leidet.

Für alle Arten von Schnarchen ist eine Vibration des weichen Gaumens und des Zäpfchens verantwortlich. Leichtes Schnarchen oder „soziales Schnarchen“ stellen keine Gesundheitsprobleme dar, sagt Kingman P. Strohl, Direktor des Sleep Research Center an der Case Western Reserve University in Cleveland. Bei obstruktiven Schlaf-Apnoe-Hypopnoe-Syndromen blockieren jedoch der weiche Gaumen und das Zäpfchen den Rachen während des Schlafs vollständig (Apnoe) oder teilweise (Hypopnoe) und verursachen starkes Schnarchen. Obstruktive Apnoe führt zu einem vorübergehenden Stillstand der Atmung, obstruktive Hypopnoe zu einer gefährlich reduzierten Luftzufuhr.

„Charakteristisch für starkes Schnarchen mit Apnoe sind laute, nach Luft schnappende Schnarchgeräusche oder Schnaufer nach einer Atempause. Es ist im nächsten Zimmer noch hörbar“, sagt Strohl. Menschen, die daran leiden, wecken sich selbst mehrere hundert Mal pro Nacht auf bei der Anstrengung, genügend Sauerstoff zu erhalten. Sie erwachen erschöpft und schlafen dann oft während der Arbeit oder beim Autofahren ein. Männer sind von obstruktiven Schlafstörungen häufiger betroffen als Frauen. Meistens kommen sie bei mäßig bis stark übergewichtigen Menschen vor, die flach auf dem Rücken schlafen; Menschen mit normalen Gewicht können jedoch ebenfalls betroffen sein.

Eine weitere Schlafstörung, zentrale Apnoe, tritt auf, wenn das Atmungszentrum des Nervensystems vorübergehend keine Befehle zum Atmen an den Körper sendet. Starkes Schnarchen tritt in diesem Zustand seltener auf.

Frühere epidemiologische Studien ergaben ein erhöhtes Risiko für Schlaganfälle bei Menschen, die an Apnoe und Hypopnoe leiden.

Auf der Grundlage dieser Studien haben Wissenschaftler darüber spekuliert, ob Schlaganfälle durch hohen Blutdruck oder Sauerstoffmangel verursacht würden, sagt Nikolaus Netzer, Gastprofessor an der Case Western Reserve University und Wissenschaftler der Ulmer Universitätsklinik.

Er und seine Kollegen untersuchten elf Männer und eine Frau, alle starke Schnarcher, die an der Universitätsklinik in Ulm behandelt wurden (Stroke: Journal of the American Heart Association, Ausgabe vom 9. Januar 1998). Die meisten Menschen mit solchen Schlafstörungen leiden an dem obstruktiven Syndrom, nur wenige an zentraler Apnoe. Die zwölf Testpersonen wurden jedoch von den Forschern so ausgewählt, daß bei ihnen mit hoher Wahrscheinlichkeit alle Arten von Apnoe und Hypopnoe vorkamen. Fünf Testpersonen litten zusätzlich unter hohem Blutdruck.

Die Wissenschaftler überwachten die Patienten während des Schlafes, um so die Sauerstoffkonzentrationen sowie die Blutmenge festzustellen, die zur mittleren Gehirnarterie, der wichtigsten Blutquelle des Gehirns, strömt. Während 76 Prozent der Anfälle von obstruktiver Hypopnoe stellten sie eine signifikante Abnahme der Blutströmung zum Gehirn fest. Bei obstruktiver Apnoe lag dieser Anteil bei 80 Prozent, bei zentraler Apnoe jedoch nur bei 14 Prozent.

Nach Aussage von Netzer führte bei den obstruktiven Syndromen der reduzierte Sauerstofffluß in Kombination mit Blockaden in den Luftwegen zu einem Unterdruck in der Brust. Wenn die Schläfer zu atmen versuchten, verstärkten die Blockaden diesen Unterdruck in der Brust, und es kam zu einer verringerten Blutströmung zum Gehirn. „Es ist fast so, als ob man an einem Strohhalm saugt“, sagt er. Der Unterdruck führt zu einem Blutdruckabfall und damit zu einem verminderten Blutstrom ins Gehirn.

Bei der zentralen Apnoe informiert das Nervensystem den Körper nicht darüber, daß er einatmen soll, so daß die Brust bis zum Ende der Schnarchanfalls ruhig bleibt, erklären die Forscher. Wenn diese Testperson dann atmet, wird kein Unterdruck erzeugt, und deshalb ist die Wahrscheinlichkeit gering, daß die Blutströmung zum Gehirn betroffen ist.

„Diese Ergebnisse stimmten mit unseren Annahmen überein“, meint Netzer. „Frühere Untersuchungen befaßten sich nicht mit irgendeiner Art von Mechanismus des Schlaganfalls. Sie bestätigten lediglich einen engen Zusammenhang zwischen Schlaganfall und dem Schlaf-Apnoe-Syndrom“, sagt Netzer. „Unsere Hypothese ist, daß der Unterdruck im Thorax zu einer Reduzierung der Blutströmung in der mittleren Gehirnarterie führt. Dies kann dann zu einem Schlaganfall führen.“

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.