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Kurioser Kopfschmuck: Urzeitliche Sex-Kämpfe mit mysteriösem Dreizack

Ein seltsamer Riesenfortsatz am Kopf eines urzeitlichen Meerestieres diente wohl für Paarungskämpfe. Er ist das älteste Indiz für solche Duelle zwischen Männchen einer Art.
Der Trilobit Walliserops trifurcatus hat einen Dreizack als Kopfschmuck.
Die Funktion des seltsamen Dreizacks, den dieser Trilobit am Kopf trägt, war lange rätselhaft.

Der ausladende Kopfschmuck eines 400 Millionen Jahre alten Urtiers diente vermutlich für Paarungskämpfe. Er wäre damit der älteste bekannteste Nachweis solcher Sex-Duelle. Zu diesem Ergebnis kommen Alan D. Gishlick und Richard A. Fortey durch die Entdeckung eines besonderen Exemplars des Trilobiten Walliserops trifurcatus und den Vergleich mit modernen Riesenkäfern. Wie die Forscher in der Fachzeitschrift »PNAS« schreiben, ist der ausladende Dreizack fürs Überleben des Tieres nicht entscheidend; gleichzeitig ähnelt er den für Paarungskämpfe genutzten Kopfauswüchsen von Käfern, was eine ähnliche Funktion nahelegt.

Trilobiten sind an Kellerasseln erinnernde, im Meer lebende entfernte Verwandte von Krebsen, Spinnen und Insekten, die vor mehr als 500 Millionen Jahren entstanden und vor 252 Millionen Jahren ausstarben. Im Verlauf ihrer Evolution entwickelten sie eine immense Formenvielfalt, und Walliserops ist einer der bizarrsten Vertreter. Er trägt an seinem Kopfschild eine Art dreizackigen Pfannenwender, der länger ist als der Rest des Tieres. Über die Funktion des Fortsatzes wurde lange spekuliert: Womöglich diente er zur Abwehr von Raubtieren oder hatte eine Funktion beim Aufstöbern von Nahrung.

Neue Indizien liefert nun ein besonderes Exemplar von Walliserops, das im Houston Museum of Natural History ausgestellt ist. Dieses hat statt des normalen pfannenwenderartigen, dreizackigen Fortsatzes einen unregelmäßig geformten vierzackigen Kopfschmuck, der dadurch vermutlich für seine normale Funktion ungeeignet war. Das urzeitliche, mit den Insekten und Krebsen verwandte Wesen wuchs aber dennoch zu einem voll ausgewachsenen Tier heran. Der Fortsatz am Kopf könne deswegen keine lebenswichtige Funktion erfüllt haben, argumentieren die Forscher.

Ein Dreizack für Paarungskämpfe

Seine Position spricht außerdem gegen eine Verteidigungswaffe. Die hat der Trilobit nämlich auch: lange gebogene Dornen hinter dem Kopf schirmen den Körper tatsächlich nach oben ab, von wo ein Angriff am wahrscheinlichsten kommt; doch das tut der Dreizack eben nicht. Die einzige verbleibende Erklärung für so eine komplexe und umfangreiche Struktur ist aus Sicht der beiden Fachleute deswegen, dass sie eine Funktion bei der Fortpflanzung erfüllte. Viele Tiere tragen dafür umfangreichen Schmuck, wie die Schwanzfedern des Pfaus oder ausladende Geweihe – Letztere kommen auch bei Paarungskämpfen zum Einsatz. Das könnte auch bei Trilobiten vorgekommen sein.

Um diese Vermutung zu erhärten, verglichen Fortey und Gishlick den Pfannenwender mit ähnlichen Strukturen bei modernen Riesenkäfern. Diese haben ebenfalls komplexe Hörner und Fortsätze am Kopf und setzen sie bei Paarungskämpfen ein. Laut der statistischen Analyse der beiden Forscher fügen sich die Pfannenwender von Walliserops gut in die Vielfalt der Hörner von Riesenkäfern ein. Das lege nahe, dass sie die gleiche Funktion hatten – nämlich Dominanzkämpfe zwischen Männchen zur Paarungszeit.

Die einem Pfannenwender ähnelnde Form deutet außerdem darauf hin, wie diese Kämpfe abliefen. Vielleicht versuchten die kämpfenden Trilobiten, ihren Kontrahenten mit einem geschickten Dreh auf den Rücken zu werfen. Das würde einerseits die Pfannenwender von Walliserops trifurcatus zum ältesten Nachweis solcher Paarungskämpfe machen. Andererseits legt es auch nahe, dass sich die Geschlechter bei Trilobiten stark unterschieden. Möglicherweise verbergen sich hinter einer anderen vermeintlichen »Art« schlicht die umkämpften Partnerinnen der extravagant geschmückten Walliserops-Männchen.

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