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Verhaltensökonomie: Spendierfreude zahlt sich aus

Ein gemütlicher Abend auf der Terrasse eines Restaurants, der Wirt spendiert eine Runde »aufs Haus«. Was ihm die nette Geste bringt, hängt vom richtigen Timing ab.
Alkoholausschank in einer Bar

Man ahnt es natürlich: Wenn der Wirt eine Runde Schnaps ausgibt, spekuliert er darauf, dass sich die Gäste ähnlich großzügig zeigen werden. Und die Rechnung geht tatsächlich auf, wie deutsche Forscher bei Feldexperimenten beobachtet haben. Restaurantbesucher geben mehr Trinkgeld, wenn sie zuvor Freigetränke bekommen haben, berichten Frederic Hilkenmeier und sein Kollege Sascha Hoffmann von der Hochschule Fresenius in Hamburg.

In zwei norddeutschen Restaurants ließen die Psychologen Hunderte von Gästen in den Genuss von freien Getränken kommen – teils während des Essens, teils mit der Rechnung, teils nach dem Bezahlen. Beim Griechen bekamen rund 400 Tische Ouzo aufs Haus, und auch in einem deutschen Restaurant durften sich mehr als 200 Tische über einen kostenlosen Umtrunk freuen.

Wie erwartet revanchierten sich die Gäste. Beim Griechen gaben sie im Mittel etwa 8 Prozent Trinkgeld, entsprechend dem in Deutschland üblichen Satz von fünf bis zehn Prozent. Es waren aber nur 7,1 Prozent, wenn der Ouzo erst nach beglichener Rechnung serviert wurde, während ein kostenloser Ouzo zum Essen das Trinkgeld auf 7,8 Prozent der Zeche steigerte. Kam er mit der Rechnung, waren es schon 8,6 Prozent. In einem Lokal mit traditioneller deutscher Küche zahlten die Gäste im Schnitt sogar 8,8 Prozent, wenn mit der Rechnung ein Freigetränk kredenzt wurde.

Unter dieser Bedingung fühlten sich die Gäste wohl zu einem großzügigen Trinkgeld verpflichtet, erklärt Studienautor Hilkenmeier. Dahinter stecke das Prinzip der »Reziprozität«: Wer Großzügigkeit erfahre, wolle sich selbst großzügig zeigen – das gebieten die sozialen Normen. »Kellnerinnen und Kellner könnten ihren Lohn deutlich steigern, wenn sie ihren Kunden kleine Geschenke machen«, schreiben die Autoren. Es müsse kein Alkohol sein; auch eine kleine Süßigkeit tue ihren Dienst.

Für den Wirt oder die Wirtin dürfte die wichtigere Frage allerdings eine andere sein: Unter welcher Bedingung kommen die Gäste am ehesten wieder, und wann empfehlen sie das Restaurant weiter? Dafür ist es womöglich günstiger, erst dann spendabel zu sein, wenn die Gäste schon bezahlt haben und es offensichtlich nicht ums Trinkgeld geht.

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