Trypophobie: Woher kommt die Angst vor Löchern?
Gruselt es Sie ein bisschen, wenn Sie das Bild der Lotussamenkapsel sehen? Dann sind Sie nicht allein – und könnten von einer leichten Form der Trypophobie betroffen sein: der Angst vor unregelmäßig geformten Löchern. Lochbleche, Luftschokolade oder Shampooschaum lösen bei Trypophobikern körperliches Unwohlsein aus. Auch Ekel, Juckreiz und Erbrechen treten als Symptome auf. Unklar ist allerdings, was die evolutionären Wurzeln dieser Phobie sein könnten. Möglicherweise ist sie eine körperliche Reaktion auf gefährliche Tiere, die mit farbigen Kreisen vor sich warnen und Fluchtreflexe auslösen wollen. Oder aber sie ist der physische Ausdruck einer tief sitzenden Abneigung gegen Parasiten und Krankheiten, die unsere Haut befallen und sie durchlöchern. Letzteres vermuten Tom Kupfer von der University of Kent und An Le von der University of Essex in »Cognition and Emotion«. Trypophobie wäre demnach eine übertriebene und übergeneralisierte Version des an und für sich normalen Verhaltens von Gesunden, wenn sie stark betroffene Kranke erblicken.
Vor Beginn der modernen Medizin war es sicherer, möglichst viel Abstand zu infizierten Personen zu halten. Seuchen wie die Pocken, Masern oder Typhus hinterlassen auf der Haut zahlreiche unregelmäßig geformte Flecken oder Löcher, die auf die Krankheit hinweisen. Auch Parasitenbefall durch Zecken, Würmer oder Fliegenlarven erzeugt entsprechende Wunden und Male. Für ihre Studie präsentierten die beiden Wissenschaftler 600 Probanden – je zur Hälfte Teilnehmer mit und ohne Trypophobie – 16 Bilder, von denen acht durch Krankheit gezeichnete Körperteile zeigten und acht einfach löchrige Oberflächen wie etwa eine Lotussamenkapsel. Während die Krankheitsbilder bei praktisch allen Teilnehmern Abneigung hervorriefen, galt dies im zweiten Fall nicht. Nur die Trypophobiker äußerten Unwohlsein beim Anblick einer durchlöcherten Mauer.
Manche berichteten, ihnen sei richtig schlecht davon geworden und sie hätten sich am liebsten übergeben. Viele gaben an, dass ihre Haut zu jucken begann oder dass sie den Eindruck hatten, Insekten würden darüberkrabbeln. Für Kupfer und Le war dies ein deutliches Zeichen dafür, dass diese Bilder den Körper der Betroffenen überschießend stimulieren: als Vorboten fieser Parasiten und Keime.
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