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Türkei: Seltener römischer Getränkefilter entdeckt

Ein besonderer Fund aus Hadrianopolis im Norden der Türkei gibt Einblick in die Trinkkultur im Römischen Reich. Aber wie nützlich war dieser Filter wirklich?
Eine Person mit weißen Handschuhen arbeitet an einem antiken Artefakt unter einem Mikroskop. Das Artefakt liegt auf einem weißen Blatt Papier, während die Person ein kleines Werkzeug in der Hand hält. Der Arbeitsplatz hat eine grüne, karierte Unterlage.
Der längliche Filter aus Bronze stammt aus dem 5. Jahrhundert n. Chr. Türkische Archäologen machten den Fund zum Abschluss der Grabungssaison 2024.

Bei Ausgrabungen im Norden der Türkei ist ein bronzenes Objekt zum Vorschein gekommen, bei dem es sich wohl um einen Getränkefilter handelt. Das teilte die Universität von Karabük mit.

Wie der Leiter der Ausgrabungen Ersin Çelikbaş erläutert, wurde das kegelförmig zulaufende Gerät wohl auf einen Trinkhalm gesteckt. Es verhinderte dann, dass grobe Partikel aus dem Getränk mit aufgesogen werden, und sorgte so für ein »angenehmes Trinkerlebnis«, wie Çelikbaş erklärt. Ein kleiner Ring zur Befestigung an einer Schnur oder Ähnlichem legt nahe, dass das Gerät mehrfach genutzt wurde und es sein Eigentümer bei sich getragen hatte.

Das 9,2 Zentimeter lange Röhrchen stammt nach Aussagen des Archäologen aus dem 5. Jahrhundert n. Chr. Damals seien in der Region neben Früchten wie Granatäpfeln, Äpfeln und Trauben auch Getreidesorten wie Weizen und Gerste angebaut worden. Er gehe davon aus, dass die Einwohner der Schwarzmeerregion daraus Säfte und andere Getränke herstellten und der bronzene Aufsatz für eines dieser Getränke nötig war. Allerdings sind die Löcher des Filters recht groß, so dass nur die allergröbsten Partikel abgehalten würden – zum Beispiel die Samen von Granatäpfeln oder Trauben. Die Technik erinnert an das »Bombilla« genannte Röhrchen, mit dem traditionell Matetee getrunken wird. Es filtert ebenfalls Rückstände aus, hat dazu aber deutlich kleinere Löcher.

Bronzener Strohhalmaufsatz | Der knapp zehn Zentimeter lange Filter wurde vermutlich auf Halme aus Schilf gesteckt. Beim Trinken hielt er grobe Partikel zurück.

Das Filterröhrchen stammt aus der antiken Stadt Hadrianopolis, die rund 30 Kilometer von Karabük entfernt in der türkischen Schwarzmeerregion liegt. Archäologen um Ersin Çelikbaş haben dort die Überreste zahlreicher Gebäude frei gelegt, darunter zwei Badeanlagen, zwei Kirchen und weitere Kultstätten. Bemerkenswert seien vor allem die zahlreichen Mosaiken mit Tierdarstellungen, die noch erhalten blieben.

Der Gebrauch von Trinkhalmen mit bronzenen Aufsätzen ist unter anderem aus dem alten Zweistromland bekannt – auch dort sollten sie verhindern, dass Bodensatz und andere Rückstände des Brauprozesses mitgetrunken wurden. Zugleich konnten die Halme das Trinken des leicht berauschenden Biers zum sozialen Event machen: Alle Teilnehmer der Runde tranken mittels langer Halme aus demselben Gefäß. Ein 5500 Jahre altes Trinkset samt Halmen aus Silber und Gold wurde Ende des 19. Jahrhunderts im Nordkaukasus gefunden und zunächst für ein Zepter gehalten. Im Jahr 2022 interpretierten Fachleute den Fund dann neu als Trinkhalme.

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