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News: Turbolader für Immunzellen

Das Immunsystem ist eine raffinierte Verteidigungsanlage des Körpers gegen eindringende Erreger. Dennoch können es einige der ungebetenen Fremdlinge mit List und Tücke austricksen. Durch einen relativ einfachen genetischen Eingriff gelang es Forschern nun jedoch, den Motor unserer Abwehr so zu 'frisieren', dass er noch mehr Leistung bringt. Hierzu schleusten sie mit Vogelviren Gene stimulierender Oberflächen-Proteine in so genannte dendritische Zellen von Mäusen ein. Eingeimpft in die kleinen Nagetiere lösten die Zellen dann eine deutlich heftigere Abwehrreaktion des Immunsystems gegenüber körperfremden Proteinen aus. Die Wissenschaftler hoffen, die verstärkende Wirkung auf das Immunsystem auch für den Menschen nutzen zu können.
Damit das Immunsystem eingedrungene Erreger bekämpfen kann, müssen ihm zuvor spezielle Zellen zeigen, worauf es seinen "Angriff" richten soll. Zu diesen so genannten Antigen-präsentierenden Zellen gehören auch die dendritischen Zellen, die nach ihren zahlreichen fühlerartigen Ausläufern benannt wurden. Sie sind dafür bekannt, dass sie so effektiv wie kaum eine andere Zelle Immunantworten auslösen können und wurden daher bereits als lebende Impfstoffe in klinischen Tests erprobt. Das Besondere an den dendritischen Zellen ist, dass sie fremde Proteine aufgreifen und sie zusammen mit Co-stimulatorischen Proteinen anderen Immunzellen präsentieren. T-Killerzellen können dann die Zellen ausfindig machen und zerstören alle einwandernden Zellen, welche gleichartige Proteine präsentieren.

Wie Jeffrey Schlom vom National Cancer Institute bei Washington, D.C. und seine Mitarbeiter herausfanden, lässt sich die Wirkung der dendritischen Zellen aber noch erheblich steigern. Die Forscher infizierten die dendritischen Zellen von Mäusen mit Vogelviren – den so genannten Avipox-Viren –, die mit drei Genen für Co-stimulatorische Proteine ausgestattet waren. Daraufhin produzierten die so manipulierten Immunzellen die dreifache Menge der Co-Proteine. Als die Wissenschaftler anschließend Mäuse mit den veränderten Zellen gegen ein fremdes Protein immunisierten, stellten diese mehr als sechs Mal so viele T-Killerzellen her wie die Kontrollmäuse, welche die Wissenschaftler mit normalen dendritischen Zellen immunisiert hatten. "Das Ergebnis zeigt, dass wir das Immunsystem regelrecht "turboladen" können", meint Schlom. Inzwischen haben die Forscher in Zusammenarbeit mit Mitarbeitern von Therion Biologics in Massachusetts ein Avipox-Virus hergestellt, das Gene für menschliche Co-stimulatorische Proteine trägt.

Für die Zukunft hoffen die Forscher, die veränderten dendritischen Zellen des Menschen mit Proteinen von Tumoren oder Viren zu bestücken, um immunologische Therapien für sehr verschiedene Krankheiten, wie Aids oder Krebs, entwickeln zu können. "Die Methode ist sehr zweckmäßig", meint Ronald Levy von der Division of Oncology Stanford University. "Das Avipox-Virus kann sich nicht in menschlichen Zellen vermehren, sodass es unwahrscheinlich erscheint, dass es sich auf andere Körperzellen überspringt".

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