Anpassungsfähigkeit: Feuer-Amöbe bricht Rekord für Hitzetoleranz

In einem heißen Bach des Lassen-Volcanic-Nationalparks in Kalifornien haben Mikrobiologen eine ungewöhnlich wärmeliebende Amöbe entdeckt. Der Einzeller überlebt Temperaturspitzen, die für alle bisher bekannten eukaryotischen Organismen tödlich wären. Das Forschungsteam von der Syracuse University gab der Amöbe den Namen Incendiamoeba cascadensis – Feuer-Amöbe aus den Kaskaden. Ihre Erkenntnisse veröffentlichte das Team um H. Beryl Rappaport und Angela Oliverio als Preprint auf »bioRxiv«.
Der Lassen-Volcanic-Nationalpark ist berühmt für seine säurehaltigen Seen und heißen Thermalquellen. Dort fanden die Forscher die Amöbe an 14 von 20 untersuchten Stellen eines Nebenarms des Hot Springs Creek, wo das Wasser zwischen 49 und 65 Grad Celsius misst. In Kulturen begann I. cascadensis erst ab 42 Grad Celsius zu wachsen und erreichte ihr Optimum bei 55 bis 57 Grad. Als die Wissenschaftler die Temperatur schrittweise weiter erhöhten, stellten sie fest, dass die Amöbe auch 60 Grad Celsius überlebte – den bisherigen Rekord für Hitzetoleranz bei Eukaryoten.
Doch selbst bei 63 Grad Celsius konnte sich der Einzeller noch teilen, bei 64 Grad aktiv bewegen. Oberhalb dieser Temperatur bis etwa 70 Grad Celsius bildeten die Zellen Zysten, also Ruhestadien, die extreme Bedingungen überdauern, bis sich die Umweltbedingungen wieder bessern. Genomanalysen zeigten, dass die Amöbe zahlreiche Gene für Hitzeschockproteine, Proteinstabilität und schnelle Signalwege besitzt. Diese Ausstattung dürfte helfen, die Zellstruktur unter extremer Hitze zu bewahren.
Bislang galten Pilze und Rotalgen als Spitzenreiter unter den thermophilen Eukaryoten, mit einer Hitzetoleranz um 60 Grad Celsius. Die neue Entdeckung legt nahe, dass Amöben in heißen Quellen eine bislang unterschätzte Rolle spielen. Sie erweitert nicht nur unser Bild von den Grenzen des Lebens auf der Erde, sondern liefert auch Ansatzpunkte für Biotechnologie, etwa für die Entwicklung hitzestabiler Enzyme. Die widerstandsfähigsten Bakterien und Archaeen können übrigens noch viel höhere Temperaturen überstehen: So hält die Archaeenspezies Methanopyrus kandleri mit 122 Grad Celsius den Rekord für alle Lebensformen.
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