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Megafauna: Überraschender Tapirfund in Brasilien

Eines der größten landlebenden Säugetiere Südamerikas hatte sich bislang der Weltöffentlichkeit entzogen. Nun stellten Biologen den Zwergtapir vor.
Kobomani-Tapir in der Fotofalle

Im Westen Brasiliens haben Zoologen um Fabrício Santos und Mario Cozzuol von der Universidade Federal de Minas Gerais in Belo Horizonte womöglich eines der größten lebenden Säugetiere Südamerikas wissenschaftlich entdeckt: Der Kabomani-Tapir (Tapirus kabomani) wiegt etwa 110 Kilogramm und ist 1,3 Meter lang. Letztmals wurde 1992 mit dem südostasiatischen Saola, einer Rinderart, ein ähnlich gewichtiges Säugetier beschrieben. Sollte dieser Fund taxonomisch bestätigt werden, wäre der Kabomani-Tapir die fünfte Tapirart der Erde, von denen vier in Südamerika leben – einzig der Schabrackentapir kommt in Südostasien vor.

Kabomani-Tapir | Bislang existieren von der neuen Art nur Bilder aus Fotofallen: automatische Kameras, die auslösen, wenn sich ein Tier oder ein Mensch vor den infrarotgesteuerten Auslöser bewegt.

Santos und seine Kollegen benannten den Neuling nach dem lokalen Namen des Tiers: Die Indios bezeichnen es in der Paumari-Sprache als Arabo kabomani, was übersetzt "kleiner schwarzer Tapir" bedeutet. Wie so häufig kannten die einheimischen Jäger diese Art, die eine veritable Beute darstellt. Verglichen mit dem in der gleichen Region heimischen Flachlandtapir (Tapirus terrestris) bringt die Zwergform Tapirus kabomani nur ein Drittel des Gewichts auf die Waage, sie hat zudem kürzere Beine, einen etwas anders geformten Schädel und einen schwächer ausgeprägten Haarkamm auf dem Kopf und Rücken. Außerdem ist ihr Fell wesentlich dunkler als das der gängigen Flachlandtapire.

Vor zehn Jahren begann sich Cozzuol für diese kryptische Art zu interessieren, die viele Biologen zuvor als lokale Legende abgetan hatten. Zusammen mit seinem Team sammelte er Knochen, Häute und tote Tiere von den örtlichen Karitiana-Indianern, so dass die Biologen letztlich auch genetisches Material untersuchen konnten. Die entsprechenden Tests erbrachten dann, dass sich die Art vor mindestens 300 000 Jahren von den Flachlandtapiren abgespaltet hatte. Letztere sind sogar näher mit den Bergtapiren (Tapirus pinchaque) verwandt als mit dem Neuling unter den Unpaarhufern, dessen genaues Verbreitungsgebiet bislang aber noch weit gehend unbekannt ist. Die meisten Nachweise stammen aus den brasilianischen Bundesstaaten Amazonas und Rondônia sowie dem kolumbianischen Departement Amazonas. Fotografien und Erzählungen von Jägern deuten jedoch auch an, dass sie auch weiter östlich im Bereich des Berglands von Guayana in Brasilien und Französisch-Guayana leben könnten.

Neuer Unpaarhufer | Verglichen mit seinem nahen Verwandten, dem Flachlandtapir, ist der Kabomani-Tapir dunkler gefärbt und wesentlich kleiner.

Als Lebensraum bevorzugen die Kabomani-Tapire eine Mischung aus Regenwald und offener Savanne, wie sie am Oberlauf des Río Madeira existiert. Sobald eines der Ökosysteme dominiert, nimmt ihr Bestand deutlich ab. Wahrscheinlich entwickelte sich die Art während der letzten Eiszeiten, als in Amazonien großflächig trockenere Bedingungen vorherrschten und Wälder nur inselhaft wuchsen, spekulieren die Forscher. Aktuell muss der Zwergtapir bereits als bedroht gelten, da sein bislang bekanntes Verbreitungsgebiet unter starkem Nutzungsdruck steht. Zum einen dringt die Landwirtschaft zunehmend in Südwestamazonien vor, zum anderen sind am Río Madeira mindestens zwei Wasserkraftwerke geplant: Sie würden nicht nur große Landstriche überfluten, sondern vor allem auch weitere Siedler anziehen – wodurch zusätzlich der Jagddruck stiege.

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